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Einleitung
Der Uhu ist in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts aus den Wäldern Nordostdeutschlands weitgehend verschwunden. Für Brandenburg nennt FEILER ( 1970) eine letzte Brut, die 1913 bei Lehnin ( heute Landkreis PM) stattgefunden hat. In MecklenburgVorpommern gelang der letzte Brutnachweis 1922 am Ostufer der Müritz( KÖNIGSTEDT& KÖNIGSTEDT 1994). Die Ursache des Verschwindens war menschliche Verfolgung( GLASEWALD 1929, LUDWIG in ABBO 2001). Danach gab es über Jahrzehnte nur noch ausnahmsweise einige Nachweise, die teils auf ausgesetzte Vögel zurückzuführen waren. Versuche zur Wiedereinbürgerung in der Schorfheide 1914 und in den 1930er Jahren waren erfolglos; solche in Mecklenburg und Vorpommern offenbar ebenfalls ( SCHNURRE 1936, SIEBER 1983).
Überraschend gelang fast achtzig Jahre nach der Ausrottung der Art der erste Brutnachweis in Bran denburg : 1991 brütete bei Groß Kienitz( TF) ein Uhupaar erfolgreich in einem Habichthorst( LUDWIG in ABBO 2001). Im selben Jahr legte bei Wriezen ( MOL) ein Weibchen in der Nähe eines gekäfigten Männchens ein Ei auf einer Jagdkanzel( PHILIPPS 1992, 1994). Bis 2004 wurden in Brandenburg 19 Uhubruten in neun verschiedenen Brutgebieten dokumentiert. Parallel dazu nahm die Anzahl von Beobachtungen und sonstigen Nachweisen deutlich zu: während RUTSCHKE( 1983) nur drei Nachweise aus den zurückliegenden Jahrzehnten nennt, wurde der Uhu in den 1980er Jahren elfmal festgestellt. Zwischen 1990 und 1998 stieg allein die Zahl der Nachweise abseits der Brutplätze in Brandenburg auf 62( LUDWIG in ABBO 2001). Mit Sicherheit kann angenommen werden, dass Förstern und Jägern viele weitere Nachweise bekannt sind, die keinen Eingang in die ornithologischen Datensammlungen gefunden haben( siehe z. B. FREYMANN 1997).
Wenngleich also einiges dafür spricht, dass der aktuelle Bestand des Uhus in Brandenburg größer ist als die festgestellten 1-4( Brut) paare( LUDWIG in ABBO 2001), kann bis heute nicht von einer stabilen Population ausgegangen werden. In diesem Beitrag soll der Frage nach den limitierenden Faktoren nachgegangen werden, wobei die Ernährungssituation im Zentrum der Betrachtungen steht.
Der Beitrag ist dem Andenken von Otto Schnurre gewidmet, der sich über Jahrzehnte mit der Ernährung unserer Greifvögel und Eulen beschäftigt hat und dessen Geburtstag sich am 4.10.2004 zum 110. Mal jährte.
Material und Methode
Otis 12( 2004)
Es wurde versucht, möglichst an allen bekannt gewordenen Brutplätzen des Uhus Nahrungsreste zu bergen bzw. bergen zu lassen. Dies gelang an sieben Brutplätzen und einem Nahrungsplatz, zu dem kein Brutplatz bekannt wurde. Sofern erst im Nachhinein Kenntnis von besetzten Revieren erhalten wurde, sind übermittelte Angaben wie" Berge von Entenfedern und Igelhäuten" nicht mit in die Auswertung eingegangen. Die Aufsammlungen fanden über das ganze Jahr verteilt statt. Die Monate werden für jedes Revier angegeben. Die Materialsammlung wurde unterstützt durch U. Alex, K. Boer, O. Bronkalla, N. Eschholz, H. Freymann, J. Haferland, D. Hellwig, E. Henne, S. Herold, G. Kehl, U. Kraatz, C. Kurjo, A. Laubner, M. Pribbernow, F. Schulz und P. Sömmer. Die Bestimmung von Federn und Schädelknochen erfolgte anhand eigener Vergleichssammlungen, einige Gewölle wurden durch T. Dürr analysiert. Andere Vogelknochen wurden teilweise durch V. Hastädt bestimmt. Einbezogen sind zudem Ergebnisse von L. Henschel, B. Ludwig, G. Karkuschke und K. H. Wiechmann( LUDWIG 1999, geringfügig ergänzt durch P. Sömmer). In mehreren Fällen wurden durch andere Ornithologen Beutereste gesammelt und teils sogar bestimmt, die jedoch im Nachhinein verloren gegangen sind und für die Gesamtauswertung nicht zur Verfügung stehen.
Masseangaben zu den Beutetieren wurden der Aufstellung bei GLUTZ VON BLOTZHEIM& BAUER ( 1980) entnommen. Wenn die Arten nicht darin enthalten waren, entstammen die angenommenen Werte den anderen Bänden des Handbuches. Sofern bei größeren Tieren( z. B. Feldhase, Rotfuchs) Wertespannen angegeben waren, wurden die niedrigeren Werte angesetzt, da einerseits Tiere ab einer bestimmten Masse nicht mehr geschlagen werden können, andererseits große Tiere nicht so vollständig verwertet werden wie kleine Tiere. Als potenzielle Fehlerquelle ist zu nennen, dass wohl nur Beutetiere ab einer gewissen Größe zum Brutplatz getragen werden; somit sind bei Aufsammlungen im Horstbereich schwerere Beutetiere überrepräsentiert( vgl. z. B. WUNTKE et al. 1998). RÖMHILD( 2003) beweist anhand seiner Untersuchungen, dass Igel in der Beuteliste durch die zurückbleibenden Häute überrepräsentiert sind.
Ortsangaben sind aus Schutzgründen unpräzise, es sei denn, sie sind bereits veröffentlicht oder es gibt schon seit längerer Zeit keine Nachweise mehr an den Brutplätzen.