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Band 13
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Otis 13(2005)

Schriftenschau

SÜDBECK, P., H. ANDRETZKE, S. FISCHER , K. GEDEON, T. SCHIKO­RE, K. SCHRÖDER& C. SUDFELDT(2005): Methodenstan­dards zur Erfassung der Brutvögel Deutschlands. Radolfzell . 792 Seiten. ISBN 3-00-015261-X. Bezug: DDA­Schriftenversand, Regina Kronbach, Am Hohen Hain 4d, 09212 Limbach-Oberfrohna ; Tel./Fax: 03722-91819; email: Schriftenschau@dda-web.de.(1)

Mehrfach schon hat es Bücher über die Methoden avifau­nistischer Bestandserfasssungen gegeben, beispielsweise diePraktische Vogelkunde(1974), die Kartieranleitung von GNIELKA(1990) und die Übersicht von BIBBY/BURGESS/ HıLL(1992). Mit diesem Buch, vom Dachverband Deut­ scher Avifaunisten und den Vogelschutzwarten herausge­geben, wird aber eine neue Qualität erreicht.

In einleitenden Kapiteln werden Sinn und Zweck von Vogelerfassungen erläutert, es wird eine Übersicht über verschiedene Methoden gegeben, und rechtliche Grundla­gen für Bestandserfassungen sind zusammen gestellt. Weitere Abschnitte sind den Methoden der aktuellen deutschen Monitoringprogramme(z. B. Revierkartie­rung, Punkt-Stopp-Zählung, Linienkartierung, Atlaskar­tierung, integriertes Singvogelmonitoring, Greifvögel und Eulen) gewidmet. Spezielle Kapitel befassen sich mit der Erfassung von Kolonienbrütern und dem Einsatz von Klangattrappen.

Den Hauptteil und ganz besonderen Wert des Buches machen ausführlicheArtsteckbriefe aus, in denen für alle deutschen Brutvogelarten kurze Angaben über Lebensraum, Brutbiologie und Phänologie, vor allem aber über die günstigsten Erfassungsmethoden und-termine aufgeführt werden. Erfahrene Kartierer wissen, dass bei jeder Art Besonderheiten des Verhaltens, der Phänologie und der Brutbiologie berücksichtigt werden müssen, um zu realistischen Kartierungsergebnissen zu kommen. Erstmals in der deutschen Literatur sind diese Kriterien nun vollständig zusammen gestellt und ermöglichen eine leichtere und vor allem einheitlichere Vorgehensweise als bisher. Durch eine sehr breite Einbeziehung von Artspe­zialisten und die Prüfung der Artmanuskripte durch viele

Kartierer wurde ein großer Wissensschatz erschlossen. Die Angaben sind für Brutvogelerfasser äußerst hilfreich, auch wenn die Arbeit mit dem Buch sicher noch manche Ergänzungen und Korrekturen nach sich ziehen wird. Diskussionswürdig erscheinen mir vor allem die Angaben zum Wertungszeitraum. So wird die Legeperiode des Zwergtauchers mit Anfang April bis Anfang September angegeben, aber laut Wertungstabelle dürften eigentlich Brutnachweise nach Anfang Juli nicht mehr verwendet werden. Überhaupt stellt sich die Frage, wie mit Zweitbru­ten umgegangen wird. Sicher ist es sinnvoll, bei der Amsel nur Registrierungen aus einem engen Zeitfenster zu wer­ten, um die Reviervögel bei späteren Umsiedlungen nicht doppelt zu zählen. Aber bei seltenen Arten gehört ein Paar, das sich erst zur Zweitbrut ansiedelt, doch wohl zur Brutvogelfauna des Gebietes. Die Angaben zu den Wer­tungsgrenzen und Erfassungszeiträumen werden sich wohl eher als Hinweise auf die wichtigsten Kartierungs­zeiträume bewähren.

Die Angaben in den Artkapiteln bieten unschätzbare Hilfe und Anleitung. Ob sie sich als Standard etablieren können, erscheint aber fraglich. Sie gleichen eher Ideal­vorstellungen zur möglichst vollständigen Erfassung der Arten, denn bei vielen Vorhaben wird es aus zeitlichen und finanziellen Gründen oder auch im Interesse einer guten Standardisierung Abstriche geben. Schließlich erfüllen ja auch die Monitoringprogramme des DDA bewusst längst nicht alle Anforderungen, die für die Arten formuliert sind.

Abgeschlossen wird das Buch mit einem Glossar, einer ausführlichen Literaturliste(leider in mehrere Abschnitte unterteilt, was das Auffinden einzelner Arbeiten unnötig erschwert), einer Adressenliste und einer sehr nützlichen Artenliste mit Vorschlägen für einheitliche Kürzel der Vogelnamen. Wer sich ernsthaft für die Erfassung von Brutvögeln interessiert, kann auf dieses Buch nicht ver­zichten. Es wird zu einer deutlichen Verbesserung der Qualität von Brutvogelerfassungen hierzulande führen.

Wolfgang Mädlow