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Otis 13(2005)
aufschüttung. Aus einer Entfernung von etwa 150 m erkannte ich sofort den weißen markanten Überaugenstreifen. Das arttypische Brustband auf der rotbraunen Brust ließ dann keinen Zweifel, ich hatte einen Mornellregenpfeifer vor mir.
Auf Grund der Seltenheit der Art und da ich das Geschlecht noch nicht sicher bestimmen konnte, versuchte ich sofort weitere Beobachter zu informieren. Gemeinsam mit H. Haupt beobachteten wir den Mornell noch ausgiebig bis zur Dunkelheit und konnten ihn als Männchen im Prachtkleid bestimmen. Der Ruheplatz lag im übersichtlichen ebenen Gelände. Zwischen verwitterten kleinen Holzstücken auf dem steinigen Sandoffenland war der Mornell nur schwer zu erkennen.
Am nächsten Tag fand ich ihn gegen 5.30 Uhr wieder an den Holzstücken. Etwa 1 Stunde später begann der Vogel sehr lebhaft zu werden und suchte laufend nach Nahrung. Bei Temperaturen von 25° C wurde die Luft ab 9 Uhr stark aufgeheizt und das starke Luftflimmern machte ein weiteres Beobachten erst ab 18 Uhr wieder möglich. Von weiteren Mitbeobachtern konnte der Mornell auch aus nächster Nähe betrachtet werden, ohne dass es den Vogel erkennbar gestört hätte.
Am 30.5.04 suchte ich ab 6 Uhr gemeinsam mit K. Schenzle vergeblich nach dem Männchen. Plötzlich flogen gegen 8 Uhr zwei Vögel sehr schnell und dicht über dem Boden aus Südwest über die Bundesstraße 168 und rasteten vor unserem Beobachtungsstandort, in einer Entfernung von ca. 70 Meter. Jetzt konnten wir beide als Mornellregenpfeifer bestimmen. Der eine Vogel wirkte sehr viel bunter und kontrastreicher als das Männchen vom Tag zuvor. Der schwarze Scheitel ohne erkennbare Strichelung und die intensiv rotbraune Brust mit dem sauber schwarzumrandeten weißen Brustband deuteten auf ein Weibchen im Brutkleid. Der andere Vogel war deutlich schlichter gefärbt, mit nur wenig Kontrasten. Dieser Mornell war noch blasser als das Männchen vom Tag zuvor. Außerdem konnte ein geringer Größenunterschied festgestellt werden, als Männchen und Weibchen dicht zusammen standen.
Diese beiden Mornells zeigten sich sehr mobil und suchten beim hastigen Laufen nach Nahrung. Nach einer Stunde Beobachtungsdauer verloren wir beide Vögel in der mittlerweile flimmernden“Wüstenluft” aus unserem Blickfeld. Am Abend fanden wir keine Mornells mehr.
Die“natürliche Vertrautheit” am Brutplatz, die KRAATZ& KRAATZ(2004) beschreiben, konnte ich an diesem Rastplatz auch beobachten. Wir hatten nie
das Gefühl, dass sich die Mornells durch unsere Anwesenheit gestört fühlten.
BRUNNER(1994) beschreibt den Mornellregenpfeifer als arktisch-alpine Art, deren Hauptareal sich vom Norden der Britischen Inseln über Skandina vien und Nordsibirien bis zur Tschuktschen-Halb insel im äußersten Nordosten Asiens erstreckt. In Europa gibt es nur wenige südliche Brutplätze z. B. in den Pyrenäen , den Alpen und dem Riesenge birge . Den Winter verbringen Mornellregenpfeifer hauptsächlich in Trockengebieten Nordafrikas und am Nordrand des Persischen Golfes(BRUNNER 1994). Im Gegensatz zum sehr ausgedehnten Brutareal ist dieser Überwinterungsraum bemerkenswert klein(GLUTZ VON BLOTZHEIM et al. 1975).
In Deutschland wurden durch die gezielte Suche in den letzten Jahren einige überwiegend auf dem Wegzug alljährlich besetzte Rastplätze im Westen des Landes bekannt, besonders in Hessen , Rhein land-Pfalz , Nordrhein-Westfalen und SchleswigHolstein. Das veranlasste die Deutsche Seltenheitenkommission(DSK), den Mornellregenpfeifer ab dem 1.1.2001 von der nationalen Meldeliste zu streichen(DSK 2001). In den östlichen Bundesländern sind rastende Vögel eher selten.
Für Brandenburg sind bisher nur 16 Beobachtungen auf dem Wegzug belegt(ABBO 2001). Dabei fällt auf, dass die meisten Nachweise aus Ostbrandenburg stammen und nur zwei aus dem Havelgebiet.
Obwohl es keine eigenen Erfahrungen mit der Alters-und Geschlechtsbestimmung gab, sprachen nach dem Literaturvergleich(BRUNNER 1994, GLUTZ VON BLOTZHEIM et al. 1975, KRAATZ& KRAATZ 2004) alle wesentlichen Kennzeichen für ein Männchen im Prachtkleid bei der ersten Beobachtung und ein Weibchen im Prachtkleid zusammen mit einem Männchen im Übergangskleid bei der zweiten.
Beide Beobachtungen wurden bei der avifaunistischen Landeskommission eingereicht und als erste Heimzugnachweise des Mornellregenpfeifers für Brandenburg und Berlin anerkannt.
Literatur