Otis 13(2005), Sonderheft: 9-18
Das Feuchtgebiet internationaler Bedeutung Unteres Odertal- eine ökologische Brutfalle?
Winfried Dittberner
DITTBERNER, W.(2005): Das Feuchtgebiet internationaler Bedeutung Unteres Odertal- eine ökologische Brutfalle? Otis 13, Sonderheft: 9-18. Aus dem Beobachtungszeitraum von 1966 bis 2004 werden Wasservögel und Wiesenbrüter im FIB. Unteres Odertal behandelt, die durch das alljährliche Schließen der Poldertore in der Brutzeit in eine ökologische Brutfalle geraten. Verschärft wird die Situation durch das abrupte Abpumpen der Polderwiesen, so dass innerhalb weniger Tage der Bestandszusammenbruch der betroffenen Brutvögel erfolgt. Gelege und Jungvögel werden zwangsläufig verlassen, Prädatoren nutzen ein Überangebot an Nahrung und die meisten Brutvögel wandern ab. Das Schließen der Poldertore Mitte April und das = sofortige Abpumpen der Nasspolder führt zur ökologischen Brutfalle für mindestens 20 regelmäßige und 5 unregelmäßige Brutvogelarten im FIB Unteres Odertal. Außerdem wird das Gebiet als Rastund Durchzugsgebiet für Wat- und Wasservögel zur Heimzugzeit entwertet. Auch nach 10jährigem Bestehen des Nationalparks Unteres Odertal ist es nicht gelungen, diesbezüglich eine Verbesserung herbeizuführen. Als Schutzziel wird nur das natürliche Überflutungsgeschehen in der Auenlandschaft des unteren Odertals mit ihrer Flussdynamik den ökologischen Ansprüchen der Brutvögel gerecht. DITTBERNER, W.(2005): The Ramsar site Lower Oder Valley- an ecological breeding trap? Otis 13, Special issue: 9-18. Waders and waterfowls were studied from 1966 to 2004 in the Ramsar site Lower Oder Valley. Every year these bird species fall into an“ecological breeding trap” as breeding conditions change dramatically after the polder gates are shut. The breeding bird communities collapse within a few days because of the rapid pumping off of water from the polders. The adult breeding birds leave their clutches and juveniles, and predators intensively exploit the great amount of available food. Most breeding birds leave the Oder valley. At least 20 regular and 5 irregular breeding bird species fall into this“eco-_ logical breeding trap” in the Lower Oder Valley. The area also has lost its value for birds on migration because of the early pumping off of water from the polders. Even after ten years of existence, the Lower Oder Valley National Park has not been able to improve the situation for bird species, Only if the natural dynamic flooding of the riverine landscape is permitted to take its course, without human interference, will the ecological requirements of the breeding bird species be properly fulfilled.
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Einleitung
Das untere Odertal war um 1900 noch eine naturnahe Landschaft. In den folgenden Jahrzehnten veränderte es sich infolge menschlicher Eingriffe immer mehr zu einer Kulturlandschaft. So entstanden im unteren Odertal bei Schwedt mit der Regulierung des Oderstroms die Flutungspolder A, B und 10, die in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts fertig gestellt wurden(KIESERITZKY 1938).
Die Deichanlagen sowie die Ein- und Auslaufbauwerke dienten und dienen heute noch in erster Linie dem Hochwasserschutz. Außerdem wurde durch ein
festgelegtes Flutungsregime eine landwirtschaftliche Nutzung der Polderwiesen ermöglicht. Den zeitlichen Rahmen der Öffnungs- und Schließzeiten der Nasspolder bestimmte eine Polizeiverordnung aus den 30er Jahren. Danach erfolgten das Öffnen der Flutungsbauwerke im Zeitraum vom 15. November bis 15. Dezember und das Schließen innerhalb des Zeitraums vom 15. März bis 15. April. Dieses Flutungsregime wird bis heute so gehandhabt. Belange des Naturschutzes spielten früher im brandenburgischen Teil des Überschwemmungsgebietes des unteren Odertals überhaupt keine Rolle. Lediglich im pommerschen Oderdelta wurde früh