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Otis 14(2006)
Schriftenschau
SCHWARZE, E.& H. KoLBE(2006): Die Vogelwelt der zentralen Mittelelbe-Region. druck-zuck GmbH Halle/S. ISBN 3-928466-82-8. Bezug: D. Schwarze, Höhenfeldweg 36, 06862 Roßlau, E-Mail: schwarzerosslau@t-online.de.(1).
Die Auwälder an der Elbe rund um Dessau gehören zu den naturnahsten Landschaften Deutschlands . Diese Landschaft hat schon vor Jahrzehnten Ornithologen und Vogelbeobachter begeistert.
Die Ergebnisse dieser jahrzehntelangen Beobachtungstätigkeit im“Zuständigkeitsbereich” des Ornithologischen Vereins Dessau(OVD), das deutlich über die Grenzen der kreisfreien Stadt Dessau hinausgeht, wurden nun von Eckart Schwarze und Hartmut Kolbe in einer stattlichen Avifauna zusammengefasst worden.
Der langen Ornithologiegeschichte angemessen, beginnt das Buch mit einer ausführlichen Geschichte der Ornithologie, u.a. mit Mitgliederlisten des OVD in verschiedenen Perioden, der Darstellung der zu allen Zeiten intensiven Beringungstätigkeit im Gebiet und Biographien bedeutender Ornithologen der Region.
Dem historischen Abriss folgt eine Beschreibung der Landschaftselemente des Berichtsgebietes, das neben den Flussauen von Elbe und Mulde auch Teile des Flämings sowie Oranienbaumer und Mosigkauer Heide umfasst. Über 70 Fotos zeigen die Vielfalt der Landschaft. Auf Vogelaufnahmen wurde dafür verzichtet.
Die Bedeutung des Gebietes für den Naturschutz wird durch die Vielzahl von Schutzgebieten unterstrichen. Drei Vogelschutzgebiete, 14 FFH-Gebiete, 16 Naturschutzgebiete und das Biosphärenreservat Mittelelbe liegen im Gebiet oder tangieren es.
Das Kapitel über Bestandsveränderungen und deren Ursachen im Mittelelbegebiet enthält relativ wenige gebietsspezifische Fakten, sondern stellt im Prinzip bundesweit wirkende Faktoren dar.
Den Hauptteil des Buches machen die Artbearbeitungen aus, die in Namengebung und Reihenfolge der neuen deutschen Artenliste folgen. Neozoen und Gefangenschaftsflüchtlinge sind“gleichberechtigt” neben den autochtonen Arten abgehandelt.
Bei publizierten Daten gingen die Autoren jeweils bis zur“Urquelle”, um nicht Gefahr zu laufen, Fehler von einer Quelle zur nächsten zu schleppen.
Je nach Regelmäßigkeit des Auftretens der Arten und vorliegendem Datenmaterial sind die Artkapitel unterschiedlich umfassend. Bei den Wasservogelarten sind die umfangreichen und langjährigen Datenreihen der Wasservogelzählungen für die Darstellung von Phänologie und Bestandsentwicklung verarbeitet worden. Für einige intensiver untersuchte Arten sind Brutverbreitungskarten abgedruckt. Daten zu Siedlungsdichten, Brutbiologie und Aufstellungen interessanter Fernfunde beringter Vögel runden- wenn vorhanden- die Artbearbeitungen ab. Der Rezensent hätte sich die Untergliederung der Artkapitel in Teilabschnitte gewünscht, um Informationen leichter aufzufinden.
Beobachtungen von Arten, die bei Deutscher Seltenheitenkommission bzw. Avifaunistischer Kommission Sachsen-Anhalt zu melden sind, werden auch aufgelistet, wenn sie bislang nicht“vorschriftsmäßig” dokumentiert wurden, wobei jeweils angegeben wurde, ob eine Dokumentation vorliegt. Dies ermöglicht späteren Bearbeitern zumindest einen kritischen Umgang mit diesen Meldungen und motiviert die entsprechenden Beobachter hoffentlich, ihrer Meldepflicht nachzukommen. Konsequenter wäre gewesen, die nicht dokumentierten Beobachtungen nicht mit aufzuführen.
Ein gut 17seitiges Literaturverzeichnis, Register und eine Auflistung wichtiger Flurnamen im Gebiet (mit Karte) runden das Buch ab.
Trotz der wenigen genannten Kritikpunkte sei das Buch jedem avifaunistisch interessierten Ornithologen, aber auch jedem naturinteressierten Besucher der Elblandschaft und den Naturschutzbehörden als Entscheidungsgrundlage sehr empfohlen werden. Wer noch Argumente für den Erhalt der Auenlandschaft an der mittleren Elbe und gegen den unsinnigen Ausbau des Flusses braucht, schaue in dieses Buch.
Stefan Fischer