Heft 
Band 18
Seite
125
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Otis 18(2010): 125-130

Aktuelles aus der Staatlichen Vogelschutzwarte Brandenburg

Torsten Langgemach

Der Seggenrohrsänger führte vom 11. bis 14. Mai 2010 mehr als achtzig Natur- und Vogelschutzexperten in Osowiec(Polen ) zusammen. Anlass war zum einen die zweite

; Konferenz der Vertragsstaaten des «Memorandum of Understanding»(MOoU) als Unterabkommen der Bonner Konvention (vgl. Otis 14/2006, S. 101). Wie bei der ersten Ver­tragsstaatenkonferenz 2006 in Criewen (Bran­ denburg ) wurde dies mit einer Fachtagung verbunden, die gleichzeitig die offizielle Ab­schlusstagung eines polnisch-deutschen EU­LIFE-Projektes war: Von 2005 bis 2011 ist dies in neun Projektgebieten mit insgesamt 42.000 ha Fläche dem Seggenrohrsänger und seinem Lebensraum gewidmet! Die bisherigen Projekt­ergebnisse konnten die polnischen Gastgeber im Biebrza-Nationalpark eindrucksvoll vorführen. Tausende Hektar wurden hier als Lebensraum des Seggenrohrsängers optimiert bzw. wiederher­gestellt- nasse Niedermoorflächen, die früher landwirtschaftlich genutzt wurden, aber mit dem Rückzug der Bauern aus dem schwierig zu bewirtschaftenden Gebiet immer mehr mit Gehölzen zuwuchsen oder verschilften. Das Zauberwort der LIFE-Tagung hieß dement­sprechend auch«Vegetationsmanagement», denn durch langfristig gestörte Grundwasserverhält­nisse, Nährstoffeinträge und den Klimawandel kommt mittlerweile kaum noch einer der verbliebenen Seggenrohrsänger-Lebensräume ohne Nutzung oder Pflege aus. Ein Meilenstein für den Erhalt bzw. die Wiederherstellung der Lebensräume des Seggenrohrsängers ist es, dass sich für das Schnittgut neue Nutzungsformen finden ließen. So wird der Aufwuchs in einigen Gebieten Ostpolens heute mit umgebauten Pistenraupen gemäht und gewinnbringend zu Heizbriketts verarbeitet. Während in Ostpolen der

Seggenrohrsängerschutz er­folgreich ist, konnte der Rück­gang der sog. Pommerschen Population bisher trotz aller Bemühungen nicht aufge­halten werden. Die Zahl der singenden Männchen sank hier in den letzten Jahren weiter. Im NationalparkUnteres Odertal, dem letzten deutschen Vorkommen, ließ sich 2006 letztmalig eine Brut feststellen. Noch unklar ist, ob diese Abnahme auch durch die Situation im westafrikanischen Winterquartier beeinflusst ist. Erst 2007 konnte das«Aquatic Warbler Conservation Team», ein internationales Ex­pertengremium unter Leitung von Dr. M. Flade, überhaupt erstmalig einen wichtigen Winterlebensraum im Senegal aufspüren- ein Meilenstein für den Seggenrohrsängerschutz, erreicht durch modernste wissenschaftliche Methoden und internationale Kooperation. Auf der der LIFE-Tagung folgenden MOoU­Konferenz spielten die Winterquartiere für den Seggenrohrsängerschutz daher eine besondere Rolle. In die Liste prioritärer Projekte, einem wichtigen Abschlussdokument der MoU-Tagung, wurden dementsprechend vier Projekte in Afrika mit höchster Priorität aufgenommen, aber auch Schutzmaßnahmen im Nationalpark Unteres Odertal. Ein weiteres wichtiges Ergebnis der Konferenz ist die Verabschiedung eines aktualisierten Aktionsplanes als Teil des «Memorandums of Understanding». Außerdem beschlossen die Delegierten aus zwölf Staaten, den geografischen Geltungsbereich des Memorandums um sieben neue Länder zu erweitern(Luxemburg , Slowakei , Schweiz , Portugal , Mali , Mauretanien , Marokko ). Während der Konferenzunterzeichneten Frankreich und Mali das MoU als 13. und 14. Mitgliedsstaat.