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Band 19 Sonderheft
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gisch wertvoller Landschaftsstrukturen(Flurbe­reinigung), intensiverer Bodenbearbeitung sowie Ausbringung von Mineraldünger und Bioziden, radikaler Entwässerung von Niedermoorgrünland (auf über 200.000 ha), Grünlandumbruch und Um­wandlung von Dauergrünland zu monotonem Saat­grasland oder Ackerland usw. Dies führte natürlich unweigerlich zu einer drastischen Reduzierung der Nahrungsgrundlagen und zur Verschlechterung der Brutbedingungen für fast alle Vogelarten der Agrarlandschaft, selbst der häufigsten Art, der Feldlerche. Einige Arten sind mittlerweile als Brut­vögel ausgestorben bzw. dem Aussterben nahe. Nach 1990 kam es in der EU -orientierten Land­wirtschaft zu deutlichen Änderungen der Nutzungs­strategie und-intensität. Die Großviehbestände (Rinder, Schweine, Schafe) wurden stark reduziert, z. B. sanken die Rinderbestände von 1990 bis 2008 auf 55%, die Zahl der Schweine sogar auf 37%. Dadurch wurden Futterkulturen(Luzerne, Klee , Saatgras) und Hackfrüchte(Kartoffeln, Futterrü­ben) in immer geringerem Umfang angebaut, und die Fruchtartenvielfalt auf den Ackerflächen ging zurück. Beispielsweise wurde die Anbaufläche für Hackfrüchte(Kartoffeln, Zuckerrüben) allein im Zeitraum 1990 bis 1995 um 76% reduziert! Eben­falls bedingt durch die verringerten Rinderbestän­de kam es zu einem Rückgang der Nutzungsintensi­tät im Grünland(Extensivierung). Vor allem in den 1990er Jahren wurde extensive naturschutzorien­tierte Grünlandnutzung seitens des Umweltschut­zes(Vertragsnaturschutz) und der Landwirtschaft (Kulturlandschaftsprogramm= KULAP) mit EU­Unterstützung gefördert, z.B. betraf das im Jahr 1998 ca. 68.000 ha Grünland in Brandenburg . Insbesondere der Vertragsnaturschutz ermög­lichte im Grünland großflächige, ökologisch wert­volle Renaturierungsmaßnahmen, wie lokale Wie­dervernässungen, Lenkung von Bewirtschaftungs­terminen, Verbot von Düngung und Umbruch. Somit wurden Arten des Feuchtgrünlandes durch

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Otis 19(2011), Sonderheft

den- im Gegensatz zum KULAP- möglichen finan­ziellen Ausgleich bei einer hohen Wasserhaltung deutlich gefördert bzw. führte diese Förderung überhaupt erst zu einer Wiederansiedlung. Gele­ge- und Jungvogelverluste der Wiesenbrüterarten durch landwirtschaftliche Arbeiten konnten in den geförderten Gebieten erheblich reduziert werden. Dieses relativ flexible Naturschutzinstrument Ver­tragsnaturschutz wurde in Brandenburg leider von gut 12 Mio. EUR im Jahr 1995 auf lediglich noch 1 Mio. EUR im Jahr 2009 heruntergefahren! Das bedeutet, dass jahrelang auf Naturschutz orien­tierte und geförderte Flächen mit bereits positivem ökologischem Wandel wieder einer intensiven Nut­zung unterzogen wurden.

Lokal wurde auf Niedermoorstandorten die Ent­wässserung, die bereits im 18. Jahrhundert ingroßem Stile im Havelländischen Luch, Oderbruch und Rhin­ luch begann, weitgehend aufgegeben. Mancherorts hatte dies eine dauerhafte Wiedervernässung der Flächen zur Folge, so z. B. in der Nuthe-Nieplitz-Nie­derung oder am Rietzer See. Kleine Grünlandflächen auf feuchten Standorten wurden vielfach nicht mehr bewirtschaftet und unterlagen der Sukzession. Die nicht wenigen Wiedervernässungen haben für eine ganze Reihe von an Feuchtgebiete gebundenen Vo­gelarten zu lokalen Bestandserholungen bzw. Wie­deransiedlungen geführt.

Die EU -Stilllegungsverpflichtung führte im Ackerland nach 1990 zu einer vorübergehenden Stilllegung von bis zu 14% der landwirtschaftli­chen Nutzfläche(LN) bzw. ca. 170.000 ha(im Jahr 2003) und zur Ausbildung überwiegend mehrjäh­riger Ackerbrachen. Diese Brachen stellen wert­volle Lebensräume für Arten wie Großtrappe, Rebhuhn, Wachtel, Braunkehlchen, Feldlerche oder Grauammer dar. Mit dem Ende der EU -För­derung(Stilllegungsprämien) im Jahr 2007 erfolg­te eine erneute intensive Bewirtschaftung dieser Flächen, und der Anteil der Stilllegungsflächen an der landwirtschaftlichen Nutzfläche sank drastisch

Abb. 10: Entwicklung der Stilllegungsflächengröße in Brandenburg im Zeitraum 1999-2009. Quelle: Landes­umweltamt Brandenburg, INVEKOS-Daten.

Fig. 10: Development of set-aside area size in Branden­ burg in the period 1999-2009.

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