60 SCHMIDT, A.: Reaktionen der Vogelwelt auf Klimaerwärmung- Beispiele
AXEL SCHMIDT
Zusammenfassung
Es wird die Meinung vertreten, daß Veränderungen im Wanderverhalten und bei Brutbeständen einiger heimischer Vogelarten auf eine Klimaerwärmung(Milderung der Winterhärte, Verstärkung von Sommerhitze und-trockenheit) zurückgeführt werden können. Hohltaube (Columba oenas), Rothalstaucher(Podiceps griseigena), Rotmilan(Milvus milvus ), Kranich (Grus grus ) und Nebelkrähe(Corvus cornix) reagierten mit Zugwegverkürzung und Überwinterungstendenz. Bei Rotfußfalke(Falco vespertinus ) und Buchfink(Fringilla coelebs ) verlagerte sich der Zugweg und bei Mauersegler(Apus apus ‘) und Beutelmeise( Remiz pendula) entwickelten sich veränderte Zugzeiten. Silberreiher(Casmerodius albus), Weißflügelseeschwalbe (Chlidonias leucopterus ), Weißbartseeschwalbe(Chlidonias hybrida) und Säbelschnäbler (Recurvirostra avosetta ) erschienen viel häufiger als früher in Brandenburg . Bartmeise(Panurus biarmicus) und Bienenfresser(Merops apiaster) etablierten sich als Brutvögel bzw. brüteten inzwischen wiederholt, und Schwarzkehlchen(Saxicola torquata) und Sperbergrasmücke (Sylvia nisoria) konnten die Populationsgröße erhöhen.
1. Einleitung
Obwohl die wissenschaftliche Dikussion zur Anerkennung einer Klimaerwärmung kein Ende findet und immer wieder zu Definitions- und Zeitraumfragen zurückkehrt, gibt es in der heimischen Vogelwelt Erscheinungen, die sich als Folge einer Klimaerwärmung erklären lassen. Dabei ist es durchaus schwierig, Populationsentwicklungen auf dieser Basis von anderweitig verursachten zu unterscheiden, z.B. Entwicklung der Nahrungsbasis, Veränderungen in der Requisitenausstattung bewirtschafteter Lebensräume, Einschleusung von Bioziden in die Nahrungskette bzw. ihre Verminderung durch Abbau, jagdliche oder naturschützerische Manipulationen, Fitneß einer neuen Mutante und ihrer Rekombinanten. Zusätzlich muß mit Kopplungen von Ursachen und indirekten Folgen gerechnet werden. Trotz dieser Schwierigkeit können bestimmte Veränderungen der Arealgrenze, der Populationsdichte, des Zugweges, der Zugzeiten und des Überwinterungsverhaltens einiger Arten dem Prozeß der Klimaerwärmung zugeordnet werden. Bereits Anfang der 1990er Jahre zeigte GATTER (1992) den Einfluß des Treibhauseffektes auf Zugzeiten und Zugmuster von Kurz- und Langstreckenziehern und die evolutiven Vorteile derartiger Verhaltensänderungen auf. Für die Mönchsgrasmücke(Sylvia atricapilla) gelang es, einen um eine Pentade verzögerten Wegzugbeginn für den Zeitraum von 1966 bis 1993 nachzuweisen(BEZZEL& JETZ 1995). Bei der Schellente( Bucephala clangula ) Konnte eine Beeinflussung des Legebeginns festgestellt werden. Seit 1978 wurde in Schleswig-Holstein das erste Ei durchschnittlich jedes Jahr um einen Tag früher abgelegt. Das summierte sich auf etwa