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Band 20
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Schriftenschau

KaLBE, L.&J. Naacke(2012): Alles gezählt? Erfassung und Schutz der Wasservögel in Ostdeutschland. Verlag Natur& Text, Rangsdorf , 232 Seiten. ISBN 978-3-942062-04-6. (2)

Die Wasservogelzählung ist- eingebettet in einen internationalen Rahmen das älteste Vogelmoni­toring-Programm in Deutschland . Nach ersten Anfängen um 1950 werden spätestens seit den 1960er Jahren kontinuierlich überwinternde Wasservögelin einem Netz von Zählgebieten erfasst. Die ehrenamtlichen Wasservogelzähler zeichnen sich oft durch jahrzehntelanges Engagement und durch einen engen Zusammenhalt aus. Wie kam es zu diesem erfolgreichen Programm, wie wurde es organisiert und wie überdauerte es die wechselhaften Zeiten bis heute? Zwei Insider der Szene beschreiben dies in diesem ebenso informativen wie unterhaltsamen Buch. Eng ist die Geschichte der Wasservogelforschung mit der brandenburgischen Avifaunistik verknüpft, insbesondere durch die Person von Professor Erich Rutschke als treibender Kraft und durch die Ansiedlung der Zentrale für Wasservogelforschung in Potsdam mit der Außenstelle am Gülper See. Das Buch beschreibt die Anfänge des Wasservogelmonitorings in Ostdeutschland , die Gründung und die Aktivitäten der Zentrale für Wasservogelforschung und ihrer Arbeitsgruppen und die Weiterführung der Aktivitäten nach der Wende. Es wird deutlich, welch wesentliche Beiträge die Zentrale über die Organisation der Zählungen hinaus geleistet hat. Sie hat damit den Grundstein für wichtige Schutzmaßnahmen gelegt, ohne die heute so manches Gebiet wohl nicht mehr erhalten wäre. Wie schwierig gerade

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die Schutzbemühungen unter den Bedingungen der DDR waren und wie die Protagonisten immer wiederaneckten und Schwierigkeiten zu meistern wussten, wird im Buch anschaulich beschrieben.

Der flüssig geschriebene, faktenreiche Text wird durch zahlreiche Originaldokumente und Fotos von Gebieten und Personen aufgelockert. Besonders schön und wertvoll sind die zahlreichen, vor allem von L. Kalbe beigetragenen persönlichen Erinnerungen und Anekdoten, die das Ganze sehr lebendig und anschaulich machen. Geselligkeit war für die Wasservogel-Leute stets ein wichtiges Element des Zusammenhalts. So ist von der le­gendären Fischsuppe in der Station am Gülper See ebenso zu lesen wie von den abendlichen Zusammenkünften in derUpfe, dem rustikal eingerichteten Kellerraum des Stationsgebäudes: Gesungen wurden u.a. Volkslieder, aber auch Klassisches, manchmal war das grausam. Durch solche Erinnerungen wird sehr schön deutlich, wie wissenschaftliches Streben durch Naturerlebnis und Freude am gemeinsamen Erleben befeuert wird. Man liest davon in der Literatur nur sehr selten, obwohl das doch maßgebliche Faktoren für die erfolgreiche Arbeit gerade von Ehrenamtlichen sind.

Das Buch ist ein Denkmal für die vielfältigen ehrenamtlichen Aktivitäten der Wasservogel-En­thusiasten über Jahrzehnte hinweg. Für altgediente ZähleristeseinMuss und wird viele Erinnerungen wecken. Für alle anderen ist es interessante In­formation über das Fundament, auf dem unsere heutige Arbeit in der Wasservogelforschung und im Wasservogelschutz aufbaut.

Wolfgang Mädlow