Heft 
Band 21
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Otis 21(2014)

A

suchen abgeschätzt werden kann, was wiederum die demografischen Schlussfolgerungen verbessert. Allerdings ist diese Methode wohl auch für Statisti­ker recht anspruchsvoll.

Der Nesterfolg wird als Schlüsselvariable bei demografischen Studien an Vögeln angesehen. In der vorliegenden Arbeit wurde er einfach als Anteil jener begonnenen Bruten interpretiert, aus denen Junge ausflogen. Dieserscheinbare Ne­sterfolg überschätzt aber wohl den tatsächlichen Erfolg. Deshalb werden in brutbiologischen Studi­en häufig tägliche Nestverlust- bzw. Überlebens­raten berechnet.

Weiterhin werden die Verluste an einzelnen Eiern und Nestlingen abgeschätzt, was in der vorliegenden Arbeit auf einfache Weise in der Tab. 5 vorgenommen wurde. Crıck et al.(2003) setzten sich detailliert mit den verschiedenen Fehlermöglichkeiten auseinander und gingen schließlich auf die Verfahren ein, mit denen heute "die Produktivität(flügge Junge pro Brutversuch) berechnet wird.

Eine solche Datenanalyse legten MoorcroFT& Wırson(2000) zur Brutökologie des Bluthänflings in der Agrarlandschaft vor. Sie fanden im Süden von Großbritannien einen Mittelwert von 4,7 Ei­ern/Gelege(n= 542). Die Gelegegröße hing vom Eiablagetermin(Kalendereffekt) ab und erreichte im Maximum 5,0 Eier am 9. Juni. Bei dieser unter­suchten Teilpopulation unternahm die Mehrzahl der Weibchen zwei bis drei Brutversuche, was an farbig beringten Vögeln nachgewiesen wurde. Das Muster der saisonalen Verteilung der Legebeginn­daten hatte zwar einen Peak beim Erstgelege auf­gezeigt, aber danach bis in den August hinein kein klares Bild ergeben. Es sah daher der Verteilung in Abb. 3 sehr ähnlich. Diese Unterrepräsentation von späteren Brutbeginnen bei Mehrfachbrütern ist als allgemeines Problem im Rahmen des Nest Record Scheme(NRS) des British Trust for Ornithology (BTÖ) erkannt worden. Die Ursachen liegen im abnehmenden Suchaufwand im Verlauf der Brut­saison und der schwierigeren Erkennbarkeit von Nestern infolge des Vegetationswachstums(CRIck et al. 2003).

Die Arbeit von MoorcroFTt& Wırson(2000) enthielt nicht nur für den Mittelwert der Gelegegröße (s.o.) sondern auch für die Brutgröße(4,2 Junge/

erfolgreiche Brut) niedrigere Werte als für Teilpopulationen in deutschen Ländern ermittelt wurden, während die Fortpflanzungsziffer mit 2,5 flüggen Jungen/Brutversuch mit der in der vorliegenden Arbeit vorgestellten übereinstimmte. Andererseits gingen die Autoren von zwei bis drei Brutversuchen pro Weibchen aus, was in Deutschland bisher nur in Einzelfällen belegt ist. Eigene Untersuchungen am Kienberg in Berlin-Marzahn (Revierkartierung und intensive Nestersuche bis in den Winter hinein) erbrachten aber den Hinweis auf etwa 2,5 Brutversuche pro Weibchen(OrrTo 2012b). Es bleibt aber unklar, ob dieses Ergebnis verallgemeinert werden kann.

Phänologische, aber zunehmend auch brutbio­logische Daten werden verstärkt herangezo­gen, um den Einfluss des Klimawandels auf Vogelpopulationen nachzuweisen. In Großbritan­ nien liegen allein für den Bluthänfling aus dem Zeitraum 1939-2011 insgesamt 30.149 Nestkarten vor, darunter 283 aus 2010 und 297 aus 2011(NRS News, Ausgabe 28, März 2012). Die im NRS des BTO vorliegenden Daten aus den Jahren 1968-2009 wurden aktuell ausgewertet(http://www.bto.org/ about-birds/birdtrends/2011/, 2012).

Die Zahl der Nestkarten, die für die Analysen(nä­heres in Crıck et al. 2003) zur Verfügung standen, variierte im Mittel pro Jahr zwischen 69 und 149 bei den einzelnen Parametern. Folgende Variablen zeigten beim Bluthänfling keinen Trend: Anzahl Junge pro Brutversuch, Gelegegröße, Nestverluste im Gelegestadium und Legebeginn(Änderung: 0 Tage); die Brutgrößenkurve zeigte über die Jah­re einen glockenförmigen Verlauf. Lediglich für die Verlustrate im Nestlingsstadium ergab sich eine lineare Zunahme. Laut BTO war in Großbri­ tannien im Zeitraum Mitte der 1970er- und Mitte der 1980er-Jahre eine starke Abnahme des Brutbe­standes feststellbar, die auf ein Ansteigen der Nest­verluste im Gelegestadium zurückgeführt wurde, was sich aus den längeren aktuelleren Datenreihen nicht mehr ablesen lässt. In einer Analyse zum bis­herigen Kenntnisstand(www.bto.org/aboutbirds/ birdtrends/2011[s.a. 2012]) wird eingeschätzt, dass die Umwelteinflüsse auf den Bruterfolg des Bluthänflings eine komplexe räumliche Variation zeigen und mittelbare Auswirkungen auf den Be­standstrend schwer zu bestimmen sind.