Heft 
Band 21
Seite
108
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Otis 21(2014)

PD

ABBO Persönlich

Klaus Dietrich Fiuczynski Ein Leben als Lehrer und Greifvogelforscher

Wenige Tage vor dem Schlupf der Baumfalken un­terlag Klaus Dietrich Fiuczynski am 23. Juni 2014 im tapferen Kampf gegen ein zweijähriges Krebsleiden.

Fiu wurde am 21.Februar 1938 als jüngerer Bruder von Hans Wolfgang in Berlin geboren. Sei­ne musische Begabung begleitete ihn schon zeitig. Sein waches naturkundliches Interesse galt im Nachkriegs-Berlin zunächst der Verwertbarkeit von Wildpflanzen. Wir kannten ihn, wie jede inte­ressante Blüte seine Aufmerksamkeit erweckte. Sie wurde untersucht, bestimmt, ggf. skizziert oder im großformatigen Notizbuch gepresst. Häufig wurden chemische Betrachtungen angestellt, in jedem Falle aber lebhaft doziert und Gedanken ausgetauscht.

Für die Erbeutung von Wildkaninchen wurde er als Schüler gerügt. Tatsächlich beschränkte sich seine(spätere) Nachstellung von Wildtieren auf deren Studium in vito. An Haustieren hatte Fiu nie Interesse. Zu Victor Wendland, dem Nestor der Greifvogelforschung in Berlin , pflegte er eine frühe, fast väterliche Beziehung.

Nach dem Besuch der Leistikow-Schule in Berlin­ Westend studierte er Biologie, Chemie und Geo­graphie an der Freien Universität Berlin . Im Ame­rikanischen Sektor der Stadt Berlin war der Wald durch dieHolzaktion im Grunewald stark über­nutzt und bot auf den Kahlschlägen zahlreichen Turmfalkenpaaren Nahrungsflächen sowie in den wenigen Altkiefern reichlich Nebelkrähennester als Horstunterlagen. Die Bedingungen zur Beob­achtung der Turmfalken waren ideal. Dabei stellte Fiu 1954 auch eine bemerkenswerte Siedlungsdich­te des Baumfalken fest: Seine lebenslange Liebe zu dieser wenig erforschten Vogelart erwachte.

Ab 1956 arbeitete er als ehrenamtlicher Beringer

‚der Vogelwarte Radolfzell und erstellte lückenlose Datenreihen für West-Berliner Baumfalken, später auch für beide Milanarten. Bald kannte er fast alle Jagennummern der West-Berliner und einen großen

Teil der Ost-Berliner Forsten. 1956 wurde er Mitglied in der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft e.V.

Fiu pflegte einen intensiven fachlichen Austausch mit Otto Schnurre, der in der Ost-Berliner Stadtbib­liothek arbeitete. Schnurre arbeitete einst mit dem Pionier der Ernährungsforschung von Greifvögeln und Eulen, Otto Uttendörfer zusammen. Klaus Dietrich schätzte den Junior Wolf-Dietrich Schnur­ re als Schriftsteller und liebte dessen Geschichten über seinen Vater und die Stadt Berlin .

Desmond Nethersole-Thompson arbeitete in Süd­England am Baumfalken und galt als deren bes­ter Kenner. Fiu pflegte mit seinem Mentor bis an dessen Lebensende einen intensiven Erfahrungs­austausch, aus dem gemeinsame Publikationen entstanden. Als Fremdsprachen beherrschte Fiu Englisch , Französisch und später Portugiesisch, auch in anderen romanischen Sprachen konnte er kommunizieren. Alleine zu den slawischen Spra­chen fehlte ihm der Zugang.

Nach dem Staatsexamen für das höhere Lehramt arbeitete Fiu als Lehrer in der Humboldt-Schule in Berlin-Tegel . Bald darauf wurde er für über zwei Jahrzehnte Hauptseminarleiter für Lehrer in Berlin-Zehlendorf . Das versetzte ihn in die Lage, zur Zeit der höchsten Aktivität seiner Baumfalken noch deutlich vor Dienstantritt in weißem Hemd und Anzug-Revierkontrollen und Horstbestei­gungen vorzunehmen. Folgerichtig promovierte er 1976 mit einer Arbeit zur Ökologie von Baum­falken, damals ein Meilenstein in der Erforschung dieser schwierigen Art. 1977 wurde er Mitglied, später Vorstandsmitglied in der Gesellschaft Na­turforschender Freunde zu Berlin(gegr. 1773) e.V.

Etwa um 1975 entwickelt sich eine persönliche Freundschaft zu Erwin Gerth(Berlin-Friedrichsha­gen). Diesen bezeichnete Fiu als Gewährsmann für dieBerliner Milanchronik(1981). Um die Mitte der siebziger Jahre fand er bei Berlin -Müggelheim