Heft 
Band 22
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Otis 22(2015): 95-98

Polygyner Weißstorch Ciconia ciconia bei Oranienburg

Roland Heigel

Ringfundmitteilungen der Vogelwarte Hiddensee Nr. WA1025/2013 und WH26422/2015

Heıcer, R.(2015): Polygyner Weißstorch Ciconia ciconia bei Oranienburg . Otis 22, 95- 98

Ein nestjung in Hessen (Darmstadt ) beringter männlicher Weißstorch brütete erstmalig bereits in seinem dritten Kalenderjahr im vorpommerschen Pasewalk . Nach einer starken Verletzung infolge eines Horstkampfes besetzte der schon totgeglaubte Storch in seinem vierten Kalender­jahr einen Horst im brandenburgischen Landkreis Oberhavel (OHV ) und zog dort erfolgreich eine Brut auf. In der folgenden Saison wurde bei diesem Männchen Polygynie mit bis zu drei Horsten und Weibchen gleichzeitig festgestellt. In der Gesamtsaison blieb dieses Männchen erfolglos. In seinem sechsten Kalenderjahr(2015) ging der Vogel am selben Ort wie 2014 eine monogame Part­nerschaft ein und brütete erfolgreich.

HeıczeL, R.(2015): Polygynous White Stork Ciconia ciconia near Oranienburg . Otis 22, 95 98

A male White Stork , ringed as a nestling in 2010 in Hesse (Darmstadt ), bred for the first time in its third calendar year in Pasewalk in Western-Pomerania. After recovering from a serious injury, caused by a nest battle with a rival the stork, at the time believed dead, occupied in its fourth calen­dar year(2013) a nest in the Rural District of Upper Havel(OHV ), Brandenburg , and successfully raised a brood. In the following season, sporadic polygyny was recorded by this ringed individual at up to three nest sites. It was unsuccessful in breeding for the complete season. In its sixth calen­dar year(2015), the bird entered a monogamous partnership and bred successfully.

Roland Heigel, Lindenweg 26, 16515 Oranienburg , E-Mail: r.heigel@gmx.de(Storchenbetreuer Alt­

kreis Oranienburg)

Bigamie bei Weißstörchen kommt wahrscheinlich regelmäßig vor, kann meist jedoch nur schwer nach­gewiesen werden(CrEuTz 1988, 153). Wenn Störche um einen Nistplatz kämpfen, weiß der Beobachter in der Regel nicht, wer am Ende diesen Horstkampf für sich entschieden hat und ob dieser Storch zeit­gleich auch noch auf anderen Horstenzu Hause ist. Der Nachweis ist nur möglich, wenn die Störche individuell, z.B. mit großen Kennringen, markiert sind. Bundesweit wurden bereits einzelne Fälle von Bigamie bei Weißstörchen beschrieben(BEHMANN 2008, RascHıc 2008 und Zıetz 2008). Bigamie meint, dass eine Verbindung zu zwei Partnern des ande­

Exkurs zur Vorgeschichte

Der hier beschriebene Vogel(Der Storch) wurde am 22.06.2010 als Nestling nördlich von Darmstadt (Hessen ) beringt(Kennring Helgoland 7X563). Im Jahr 2012 siedelte sichDer Storch im mecklenbur­gischen Papendorf(Vorpommern-Greifswald ) nahe Pasewalk als bemerkenswert frühreifer Brutvogel (drittes Kalenderjahr!) an. Der Brutverlauf wurde dort von mehreren Störungen fremder Altstörche begleitet. In der Nacht vom 13. zum 14. Juni fanden

ren Geschlechts besteht. Der Überbegriff für die Verpaarung mit mehr als einer Partnerin durch ein männliches Tier lautet fachlich korrekt Polygynie (umgekehrt für ein weibliches Tier: Polyandrie). Der hier beschriebene, zeitweise polygyne männliche Weißstorch(Jahrgang 2010) mit der Markierung Helgoland 7X563 wird im Folgenden vereinfacht alsDer Storch bezeichnet und in die­ser Weise von anderen Individuen abgegrenzt. Die Vorgeschichte(Exkurs) mit dem zunächst tragisch vermutetem Ende wurde freundlicherweise von der Storchenstation Papendorf(J. Krüger) übermittelt.

erneut heftige Horstkämpfe mit mutmaßlich tödli­chem Ausgang statt. Letztmalig wurde der verletzte Altvogel in der Nacht von der Horstkamera doku­mentiert(Abb. 1). Im Horst befanden sich am Mor­gen des 14.06.2012 nur noch die blutbeschmierten Jungen. Aufgrund der riesigen Blutlache im Horst wurde seinerzeit angenommen, dassDer Storch infolge seiner Verletzung verendet war(pers. Mitt. J. Krüger/ Storchenhof Papendorf).