108
Schriftenschau
Ornithologische Arbeitsgemeinschaft Mecklenburg-Vorpommern(2015): Beiträge zur Avifauna Mecklenburg-Vorpommerns Heft 2, 2015. 96 Seiten. ISSN 2367-1947. (4)
Mit der„Vogelwelt Mecklenburgs “ war Mecklenburg 1976 Vorreiter der neuen Avifauna-Projekte in der DDR . Bis 1987 folgten sogar noch zwei weitere, aktualisierte Auflagen. Seitdem fehlt aber- mit Ausnahme der Brutvogelatlanten- eine zusammenfassende Übersicht über die Vogelwelt dieses ornithologisch hoch attraktiven Landes. So wurde 2008 ein neues Avifauna-Projekt initiiert. Schon bald aber musste die Projektgruppe die Schwierigkeiten eines solchen Unterfangens erkennen. Schließlich kam man zu dem Schluss, dass die Herausgabe einer Landesavifauna in Buchform unter den gegebenen Bedingungen nicht realistisch erreichbar war. Stattdessen entschied man sich für die Veröffentlichung von Artbearbeitungen in lockerer Folge in einer neuen Schriftreihe, deren erstes Heft nun vorliegt. Zwar wird ein Gesamtüberblick auf diese Weise- wenn überhaupt- nur sehr langfristig erreicht werden. Aber es liegen aktuelle Artbearbeitungen vor, die auch einen Ansporn für die weitere Arbeit bilden.
Das erste Heft bearbeitet die Seeschwalben(ohne die „Sumpfseeschwalben“) und den Hausrotschwanz. Die Artbearbeitungen sind sehr ausführlich, z.B. 15 Seiten bei der Flussseeschwalbe. Sie gliedern sich in die Abschnitte Lebensraum, Verbreitung, Brutbestand und Bestandsveränderungen, Fortpflanzung, Jahresrhythmus, ausgewählte Beringungsergebnisse, Gefährdung und Management, offene Fragen. Die Texte sind mit zahlreichen Tabellen, Diagrammen und Fotos(Vögel und Habitate) untersetzt. Sie sind sehr informativ und gut lesbar und erfüllen alle Anforderungen an eine gründliche Avifauna. Gegenüber
Otis 22(2015)
üblichen Avifaunen anderer ostdeutscher Länder fällt auf, dass im Verbreitungskapitel ein Blick über den Zaun geworfen wird, um das heimische Vorkommen besser einordnen zu können. Und es gibt eine ausführliche Darstellung von Beringungsergebnissen. Auf den ersten Blick kann man sich fragen, ob dies sinnvoll ist angesichts eines aktuellen deutschen Ringvogelatlasses. Aber während sich dieser auf den Zug beschränkt, werden hier beispielsweise auch die Verbindungen(Um- und Ansiedlungen) zwischen den Seeschwalbenkolonien im Ostseeraum behandelt- ein auch für den Seevogelschutz wichtiger Aspekt.
Kritikpunkte beziehen sich auf Marginalien und seien als Hinweis für die Verbesserung späterer Folgen gedacht: Die Abgrenzung zwischen den Kapiteln(insbesondere Verbreitung und Brutbestand bzw. Jahresrhythmus und Beringungsergebnisse) ist nicht immer stringent, es gibt größere inhaltliche Überschneidungen. Innerhalb der Kapitel ist die Textanordnung manchmal etwas unübersichtlich. So werden z.B. bei der Raubseeschwalbe FrühjahrsErstbeobachtungsdaten innerhalb der Schilderung des Wegzugs aufgeführt. Dort würde man diese beim Nachschlagen nicht suchen. Und manche interessanten Eckdaten werden nicht konkret mit Datum, Ort und Beobachter genannt. Man muss sie sich aus den Abbildungen oder allgemeinen Beschreibungen erschließen— so beispielsweise Trupps von bis zu 700 Zwergseeschwalben am Peenemünder Haken.
Den Ornithologen in Mecklenburg-Vorpommern ist ein guter Auftakt für einen neuen avifaunistischen Landesüberblick gelungen. Mit Spannung kann man die nächsten Folgen erwarten.
Wolfgang Mädlow