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12. (6. ordentl.) Versammlung des VIII. Vereinsjahres.
B. Herr Chemiker Robert Mulert legte, augefertigt in seinem photographischen Atelier für Architektur, Kunst- und Kunstgewerbe eine grössere Anzahl vortrefflicher photographischer Aufnahmen aus dem mit Verlegung leider bedrohten Botanischen Garten an der Potsdamer Strasse vor. Die Bildgrösse beträgt 25 : 30 cm bezw. 45 :50 cm Kartongrösse. Die Bilder wurden in der Berliner Gewerbe-Ausstellung von 189(5 in der Gruppe 22 für Gartenbau, wissenschaftliche Abteilung, mit Genehmigung des Direktors Geheimrat Dr. Engler ausgestellt. Sie stellen dar die Wohn- und Verwaltungsgebäude des Gartens (3 Ansichten), das grosse Palmenhaus (ö Ansichten), das Victoria regia-Haus (4 dgl.), das Orchideenhaus (3 dgl.), die Freilandgruppen mit Bildnissen der pflegenden Obergärtner (Succulenten, Cacteen, Farne, Dracaenen, Musa Ensete, Rhicinus, Papyrus, Kürbisse) zusammen 10 Ansichten. Endlich das Braun-Denkmal.
Der Vorsitzende dankt Herrn Mulert für die Vorlage und giebt dem Bedauern Ausdruck, dass alle diese floristische Herrlichkeit aus Berlin verseil winden solle. Hoffentlich gelingt es, wenigstens die hervorragendsten Baumgruppen vor der Axt des Holzfällers zu retten, an der Stelle, wo der Grosse Kurfürst und seine Gemahlin Bäume pflanzten und pflegten in der Hoffnung, dass nachfolgende Geschlechter bis in die fernsten Jahrhunderte dasselbe mit gleicher Liebe und Neigung hier thun würden.
C. Unser Mitglied Herr E. Rönnebeck hat dem Märkischen Museum freundlichst die heut vorgelegte Photographie nach einer Zeichnung verehrt, welche eine Ansicht des damaligen Grundstücks Berlin NW'., Müller-Strasse 22, darstellt, aufgenommen im Jahre 1858 oder 1859 von der Ecke der Trift- und Müller-Strasse. Das Grundstück gehörte damals dem Grossvater des Donators, Altmeister des Drechslergewerkes C. G. Naumann. Vorbesitzer w'ar der Schwiegervater desselben, Gerbermeister Kloss, der auf dem Grundstück eine Holländer-Lohnuihle errichtet hatte. Das Räderwerk dieser Mühle entstammte einer ähnlichen, welche bei Picheisberge auf dem Gelände am Wege von Spandau nahe am Wildgatter des Grunewaldes gestanden hatte und wohl wegen Windmangels in Folge Höherwachsens der Bäume abgebrochen ward. Dazu kam noch auf dem Grundstück eine Bock- Schneidemühle, deren Flügel über dem Hause sichtbar sind.
Dort wurden Roln-e für billige Tabakspfeifen geschnitten, damals eine Haupthandelsartikel für Drechsler. Auf dem ganzen Gelände befand sich nur noch das kleine Wohnhaus, idyllisch von einem grossen Garten und hohen Bäumen, besonders Birken, umgeben, und ein Stallgebäude. Der Rest des Landes diente landwirtschaftlichen Zwecken, wofür auch zwei Scheunen da waren, die eine zum Teil als Lagerplatz der zu vermahlenden Eichenrinde benutzt.