Heft 
(1892) 1
Seite
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Stimmen über Berlin and Potsdam vom Jahre 1787.

unfruchtbaren Ebenen wird durch keinen angenehmen Gegenstand unterbrochen, bis man vor die Stadt kommt. Man hat schon manch­mal gesagt, dass Brandenburg, die natürliche Hauptstadt der Mark­grafen, ihrer Lage wegen weit besser die Hauptstadt des Reichs sein könnte, als Berlin; aber Potsdam könnte es ebenso gut sein. Die Havel ist hier noch breiter und majestätischer als die Spree; sie würde auch der Handlung unendlichen Vortheil verschaffen, und die Gegend um Potsdam ist ohne Vergleich weit reizender, als die um Berlin. Nicht nur macht die Iiavel, die gleich bei der Stadt einen kleinen Sec bildet, eine sehr schöne Parthie, sondern der Sand ist auch hier herum zu Hügeln .angehäuft, die mit Bäumen, Äckern und Bauernhäusern besetzt sind und eine Abwechselung hervorbringen, die man in einer so dürren Gegend nimmermehr erwartete.

Was ich von der Bauart in Berlin gesagt habe, gilt grttsstentheils auch von der in Potsdam; der Geschmack ist nicht gross und edel genug; der Verzierungen giebts zu viele; die Mauern zwischen den Fenstern sind zu schmal; die Materialien taugen nichts; der Kalk und die Stuckaturarbeit fällt bald herunter, und das erweckt gleich den Gedanken, dass diese Häusser nicht für die Ewigkeit erbaut sind. Sonst findet man in Potsdam weit mehr ein Ganzes als in Berlin. * Es giebt hier nicht so viele Lücken zwischen den schönen Gebäuden; die Stadt ist klein, daher ist sie schon beinahe ganz in neue Häuser ver­wandelt; es wird zwar wohl noch hier und da gebaut, die Zwischen­räume sind aber nicht so gross, die die alten Häuser machen. Man trifft hier einige ganz vollendete, wirklich schöne Strassen an und mehr pallastmässige Gebäude als in dem grossen Berlin. Der Markt­platz, auf dem die katholische Kirche in italienischem Gesehmacke steht und der einen Obelisken in der Mitte hat, nimmt sich sehr gut aus, ob er gleich unregelmässig ist. Hier steht das Kathhans, das zier­lichste und edelste Gebäude in ganz Potsdam. Auch das Posthaus zeichnet sich durch einen reinen Geschmack aus. Potsdam würde ein noch weit besseres Ansehen haben, wenn man nicht eben das darinnen anträfe, was ich schon bei Berlin bemerkte, nämlich zu vielerlei Geschmack.

(Mitgeteilt von derDir. des Märk. Prov.-Museums.)

r die Redaktion: Dr. Eduard Zache, Demminerstrasse 64. Die Einsender haben den sachlichen Inhalt ihrer Mitteilungen zu vertreten.

Druck von P. Stankiewicz' Buchdruckerei, Berlin, Bemhurgerstrasse 14.