Heft 
(1900) 9
Seite
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gg lg. ( 9 . ordentliche) Versammlung des VIII. Vereinsjabres.

selbst gedichtet, und dem ein Holzschnitt beigegeben war, derein halbes Weibsbild mit hoher Fontange vorstellte. In dem Spottgedicht erzählte er, ein Bäcker zu Züllichau habe ein Brot aus dem Backofen gezogen und an den Magistrat abgeliefert, welches einem mit jener Frisur versehenen Frauenkopf auffällig geglichen habe.

Der Magistrat in Züllichau hielt sich durch das Gedicht für be­leidigt, verklagte den Drucker und liess die noch vorhandenen Exem­plare konfiszieren. So berichtet die Crossener Chronik. Das darin und in die Züllichauer Chronik sub 1693 aufgenommene Gedicht lautet*):

1 .

Merkt auf, hört was ich singen will,

Entsetzlich ists zu hören,

Nehmts recht zu Herzen und steht still,

Die Wunder sich vennehren.

Ach nehmts an mit bestürztem Sinn,

Zieht Hcrtzen und Gedanken hin j Zu Gott, weint heisse Zehren.

' 2 .

Es wil die stoltze Greuelthat Sich an kein Zeichen kehren,

Die Hoffarth folgt des Teufels Raht,

Lässt ihr durchaus nicht wehren,

Sie hält all göttlich Drawgcsicht [Drohgcsicht]

Nur für ein bloss Mcnschengcdicht,

Verwirfft all Straf und Lehren.

3.

Des Höchsten Hand hat uns formirt Und nichts an unss vergessen,

Nach seinem Bildniss auch geziert,

Doch sind wir so vermessen,

Dass uns beliebt die neue Tracht.

So aus Frankreich ist hergebracht,

Von neuen IIoff-Mätressen.

4.

Dadurch sucht ihr nur Ruhm und Ehr, Lasst euch davor nichts schrecken, Thürmt die Fontangen immer höhr,

_ . ® i ®. Mitteilung ist entnommen aus Adolf Stölzels vortrefflichem Buch:

Carl Gottheb Svarez. Ein Zeitbild aus der zweiten Hälfte des acht- zebnten Jahrhunderts. Berlin 1885. S. 22-26. - In Crossen a/O. ist übrigens Gottfried Schwarte am 24. August 1693 geboren, der Vater des 1746 in Schweidnitz geborenen Juristen Svarez.