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2 .
Wenn wir nach den Umständen fragen, die der Verehrung des heiligen Grabes in Deutschland während des Mittelalters den Boden bereiten halfen, so werden wir vor allem an die mittelalterlichen Osterspiele denken müssen. Es handelt sich dabei um eine dramatische Aufführung am Ostermorgen, in der die Ostergeschichte bildhaft dargestellt wurde. Als Grab diente dabei in der Regel das Tuch, unter dem man am Karfreitage das Kreuz niedergelegt hatte, und das in der Osternacht wieder fortgenommen wurde. Es wurde auch üblich, statt des Kreuzes Hostien am Karfreitag zu „begraben," ja, in einzelnen Kirchen legte man die Hostien in eine Oeffnung, die in der Brust der Heilandsfigur angebracht war. Dalman hat zweifellos Recht, wenn er in seiner ausgezeichneten Studie über „das Grab Christi in Deutschland" (Leipzig 1922), die diesem Aufsatz zu Grunde liegt, sagt: „Die kirchliche Ostersitte hat jedenfalls seit alter Zeit das Grab Christi als eine greifbare Größe in den Vordergrund des christlichen Denkens gerückt, und den Wunsch nahe legen müssen, ein solches Grab nicht nur jährlich aufzu- stellen, sondern als dauernde Einrichtung in oder bei der Kirche zu haben und so die Andacht am Grabe das ganze Jahr hindurch fortsetzen zu können." iS. 16.)
3.
Wir werden bei diesem letzten besonders an die Entstehung unseres Klosters zum heiligen Grabe erinnert und müssen vor allem bedenken, daß in der Heiligengraber Grabkapelle ein gemauertes Grab vorhanden war. Näheres darüber habe ich auf Grund des Ouellenbefundes in meiner Arbeit zur Klostergeschichte mitgeteilt. Bedauerlich bleibt, daß uns die Quellen nichts darüber vermelden, ob nicht vielleicht die mittelalterliche Kapelle eine Nachbildung des heiligen Grabes in Jerusalem war. Es besteht durchaus die Möglichkeit dafür, zumal wir ein gemauertes Grab in der Kapelle hatten. Eine wie große Rolle die Verehrung des Heiligen Grabes für unser Kloster doch gehabt hat, geht ans der Tatsache hervor, daß das mittelalterliche Propsteisiegel den auferstehenden Christus zeigt, und daß das Titelblatt des Legendendruckers von 1529 eine ähnliche Darstellung aufweist.
Nun hat es außer unseren! Kloster zum Heiligen-Grabe noch ein anderes in Bamberg gegeben. Nach der Ueberlieferung soll im Jahre 131-1 ein Knabe namens Simon eine Hostie gestohlen und diese dann auf der Feldmark verscharrt haben. An der gleichen Stelle errichtete man eine Kapelle, „weil hier Gott geruht habe." Später (1366) gründete ein Bürger der Stadt,