Heft 
(1931) 1
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obachten, aber der innere Bau aller Gebirge bezeugt, daß es im Laufe der Erdgeschichte zwischen langen Zeiten der Ruhe kurze Zeiten gebirgsbildender Erderschütterungen gegeben hat. Eine solche Zeit müssen wir auch etwa um die Mitte des Eiszeitalters annehmen. Die voraufgegangenen Vereisungen, mindestens 2 an der Zahl, hatten den von Skandinavien mitgebrachten Schutt als sogen. Grundmoräne in Form eines nngeschichteten, mit größeren und kleineren Steinen gespickten Mergels, des sogen. Geschiebemergels, über Norddeutschland abgelagert. Dazwischen hatten die Schmelzwässer auswaschend gearbeitet und ihre Absätze teils als geschichtete Sande, teils als ebenfalls geschichteteBändertone" stellenweise abgelagert. So bestand Norddeutschland um die Mitte des Eiszeitalters aus einer Schichtenfolge, in der Geschiebemergel, Schmelzwasser­sand und Bänderton wechselte. Da trat jene Wirkung gebirgs­bildender Kräfte ein, die Norddeutschland erschütterte. Sie zer­legte das Land in eine Anzahl von Schollen, zwischen denen die nenentstandenen Tiefenlinien die natürlichen Wege für den Abfluß wurden und unsere großen Ströme sammelten. Da­mals entstanden Weichsel, Oder und Elbe, und sie sind also die wahren Nrströme unserer Heimat. Wie sehr der ganze Ban Norddentschlands auf die Talsysteme dieser Flüsse zuge­schnitten ist, das zeigt ein Blick auf jede Uebersichtskarte von Norddentschland. Am deutlichsten zeigen Weichsel und Oder, in gewissem Grade aber auch das Elbgebiet, einen schuppen- förmigen Bau des ganzen Landes, wobei jede Schuppe um eine nordsüdliche Achse schwach gegen Westen geneigt ist und steil nach Osten abbricht. Ueber die flache Neigung strömen große Nebenflüsse nach Westen und sammeln sich vor der Stirn der nächsten Schuppe zu einem Flusse, der nach Norden abfließt. Im Westen dieses Flusses erhebt sich rasch die nächste Schuppe, sodaß von hier aus nur kurze Nebenflüsse nach Osten fließen. So geht die kurze Brahe zur Weichsel, aber das ausgedehnte Warthe-Netzesystem zur Oder. Finow und Schlaube entwässern nur einen schmalen Streifen zur Oder. Schon wenige Kilometer westlich der Oder liegt die Wasserscheide des Elbgebietes, das durch Spree und Havel ans eine weite Fläche hin entwässert wird.

Dieses grundlegende Stromsystem, das auch die Gegen­wart beherrscht, inuytc zeitweilig Aenderungen erfahren, wenn eine neue Bereisung Weichsel und Oder verschloß. Beim Heranuahen einer solchen Vereisung waren die Ostkunde der Dünenzeit noch nicht ausgebildet. Der Kampf des Eises mit den feuchten Südwestwinden mußte große Schmelzwasser- meugen entstehen lassen, und diese mußten notgedrungen einen