Otis 28( 2021): 57-87
Tom Noah
NOAH, T.( 2021): Das Vorkommen des Kiebitzes Vanellus vanellus im Spreewald 1995-2020. Otis 28: 57-87
Der Kiebitz zeigt landes- und bundesweit seit mindestens 30 Jahren einen stark negativen Bestandstrend. Bislang gibt es jedoch nur wenige publizierte Erfassungen über längere Zeiträume (> 20 Jahre) aus einzelnen Naturräumen. Die Entwicklung des Brutbestands beim Kiebitz wurde im Biosphärenreservat Spreewald ( 475 km²; Südbrandenburg) im Rahmen eines Monitorings von 1995 bis 2020 untersucht und das gesamte Schutzgebiet von 2001 bis 2020 in 18 Jahren flächenhaft kartiert. Darüber hinaus wurde in der angrenzenden Fläche des Altkreises Lübben seit 1996 alljährlich der Bestand erfasst, um die Ergebnisse im Biosphärenreservat mit jenen der„ Normallandschaft" vergleichen zu können.
Der Bestand im Schutzgebiet umfasste im Mittel 98,2 Reviere, er schwankte jahrweise mitunter recht stark( 67-141 Rev.), blieb über den gesamten Erfassungszeitraum aber stabil. Dieses Resultat bestätigt den Trend in der seit 1995 kontrollierten Teilfläche( 298 km²). In den an das Schutzgebiet angrenzenden untersuchten Flächen( 508 km²) zeigte sich hingegen eine moderate Abnahme( Mittel: 30,8 Rev.; Schwankung 10-66 Rev.). Die mittlere Abundanz im Biosphärenreservat Spreewald betrug 23,1 Rev./100 km²; auf das Gesamtgebiet( 983 km²) bezogen erreichte sie 13,0 Rev./100 km². Die überregional bedeutende Population im Biosphärenreservat Spreewald umfasst etwa 8,1% des stark rückläufigen brandenburgischen Gesamtbestands; Lokalpopulationen mit soliden Brutbeständen sind in Brandenburg derzeit offenbar eine Ausnahme. Das Verhältnis von auf Äckern und auf Grünland siedelnden Kiebitzen war bei stärkeren jährlichen Fluktuationen im Mittel recht ausgeglichen. Ein Zusammenhang zwischen der Menge an Niederschlägen im ersten Jahresviertel und dem Brutbestand ließ sich nicht nachweisen.
Der in drei Jahren gründlich untersuchte Bruterfolg war extrem gering( 0,03-0,1 Juv./Rev.) und weit von der bestandserhaltenden Reproduktionsrate( 0,8 Juv./Rev.) entfernt. Verluste durch landwirtschaftliche Arbeiten betrugen maximal 9%. Die Masse der Gelege fiel unbekannten Prädatoren zum Opfer, die große Mehrheit bereits wenige Tage nach der Eiablage. Dies führte zu einem frühen und raschen Abzug der betroffenen Brutvögel. In diesem Zusammenhang werden die Rolle potenzieller Nesträuber, darunter zwei neu eingewanderte Arten( Waschbär, Marderhund), thematisiert und praktikable Schutzmaßnahmen erwähnt. Ferner werden verschiedene Erklärungsansätze im Hinblick auf die Frage diskutiert, warum der Bestand trotz völlig unzureichender Reproduktion stabil geblieben ist.
Das Vorkommen während der drei Zugzeiten( Heimzug, Frühsommerzug, Wegzug) zeigte in den letzten 25 Jahren eine massive Bestandsreduktion um einheitlich etwa 80% für jede Zugperiode. Insbesondere die Ansammlungen während des Frühsommerzugs( lokal bis max. 4.870 Ind.) haben ihre ehemals überregionale Bedeutung seit etwa 2003 völlig verloren. Trotz zunehmend milderer Winter hat sich die Zahl der Beobachtungen in den Monaten Dezember und Januar verringert; durchgehende Überwinterungen wurden nicht festgestellt. Die Besorgnis erregende Abnahme der Bestände rastender Kiebitze wird vor dem Hintergrund von deren möglicher Herkunft und der starken Bejagung in den Winterquartieren erörtert.
NOAH, T.( 2021): The Occurrence of the Northern Lapwing Vanellus vanellus in the Spreewald 1995-2020. Otis 28: 57-87
For at least 30 years, the Northern Lapwing has displayed a strongly negative population trend both state and countrywide. To date, however, there are few long term(> 20 years) published records from individual natural environments. In the course of monitoring work between 19952020, a study of the Northern Lapwing breeding population development in the Spreewald biosphere reserve( 475 km²; South Brandenburg) was conducted and, in 18 years from 2001-2020, widespread mapping of the complete area was carried out. In addition, since 1996, the population in the adjoining area of Altkreis Lübben was monitored annually, in order to compare the biosphere reserve result with those of the normal countryside.
The mean population figures in the reserve encompassed 98.2 territories and showed a strong annual fluctuation( 67-141 terr.). Over the complete monitoring period it remained nonetheless