Joachim Schobeß/Otfried Keiler (Potsdam)
Professor Pierre-Paul Sagave zum 75. Geburtstag
Wir widmen dieses Heft 44 der „Fontane-Blätter" unserem französischen Freund und Kollegen zu seinem Geburtstag.
Neben der folgenden Darstellung, die Joachim Schobeß, der Begründer der Zeitschrift, verfaßte, zeichnet sich dieses Heft dadurch aus, daß es wenige längere Arbeiten vereint, die sich auf die dritte Potsdamer Fontane-Konferenz (1986) beziehen. Pierre-Paul Sagave war damals leider verhindert, sandte uns aber eine in herzlichen Worten gehaltene Grußadresse. Heute entbieten ihm alle Mitglieder der Redaktion diesen Gruß, voll Dankbarkeit und mit den besten Wünschen.
Professor Dr. Pierre-Paul Sagave wurde am 3. Januar 1913 als Sohn einer hugenottischen Familie in Berlin-Lankwitz geboren. Nach dem Besuch einer Vorschule von 1919 bis 1921 absolvierte er das humanistische Mommsen- Gymnasium in Berlin-Charlottenburg bis 1931 und legte hier das Abitur ab. Im Februar 1931 siedelte Pierre-Paul Sagave nach Frankreich über und studierte an der berühmten Sorbonne Literaturwissenschaft und alte Sprachen. 1933 bis 1938 arbeitete er als wissenschaftlicher Assistent an der Universität Aix-Marseille und diente ab 1938 in der französischen Armee. Hier überlebte er als Infanterist im Jahre 1940 den Überfall des Hitlerfaschismus auf Frankreich. 1941 fand P.-P. Sagave den Weg zur Resistance, der französischen Widerstandsbewegung, konkret in der Marseiller „Franc Tireurs et Partisans Francais", bis 1944. Diese bedeutende Widerstandsgruppe war besonders ab 1942 aktiv, als auch Südfrankreich von der faschistischen Armee besetzt wurde. P.-P. Sagave, von der Resistance wegen seiner perfekten Deutschkenntnisse in die Präfektur des Petain-Regimes eingeschleust, konnte hier unter Einsatz seines Lebens die Zerstörung des Marseiller Hafens beim Abzug der deutschen Verbände auf Grund seiner Verbindungen rechtzeitig verhindern.
1945 bis 1954 finden wir Sagave als Dozent an der Universität Strasbourg, 1955 bis 1965 als Professor an der Universität Aix-Marseille, von 1965 bis 1982 an der Universität Paris X. Seit etwa Mitte der sechziger Jahre schickte Professor Dr. Pierre-Paul Sagave zahlreiche Doktoranden nach Potsdam. Häufig war auch er persönlich Benutzer und gerngesehener Gast im Theodor-Fontane- Archiv. Anläßlich der wissenschaftlichen Konferenz zum 150. Geburtstag Theodor Fontanes vom 10. bis 12. September 1969 in Potsdam konnten wir P.-P. Sagave als Referent begrüßen (s. Bibliographie). Darüber hinaus trieb er wiederholt historische Studien im Zentralen Staatsarchiv der Deutschen Demokratischen Republik in Potsdam und im Staatsarchiv Potsdam — Orangerie. Enge Beziehungen pflegt unser Jubilar zur Generaldirektion der Deutschen Staatsbibliothek. Seit 1983 ist Professor Dr. Pierre-Paul Sagave Träger des Jakob-und-Wilhelm-Grimm-Preises der Deutschen Demokratischen Republik. Wir achten und ehren Pierre-Paul Sagave nicht nur als Historiker und bedeutenden Fontaneforscher, sondern auch als einen mutigen Antifaschisten, der
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