Theodor Wolff über Theodor Fontane Rasch 9 tiert wurde, 7 ist die zu Theodor Wolff bislang kaum beachtet worden. Eine Ursache dafür dürfte die vergleichsweise dünne Quellenlage gewesen sein, die sich inzwischen durch mehrere bibliographische Entdeckungen sowie den Fund einiger Briefe Fontanes an Theodor Wolff deutlich verbessert hat. Schicken wir einige biographische Noten zu Theodor Wolff voraus. Theodor Wolff , ein biographischer Schattenriss Wolff, geboren am 2. August 1868 in einem Eckhaus am Berliner Dönhoffplatz, stammte aus einem wohlhabenden jüdischen Elternhaus. Sein Vater Adolf Wolff(1819–1893), ebenso alt wie Fontane, war aus Schlesien nach Berlin zugewandert und hier als Stoffgroßhändler vermögend geworden. Er hatte eine zwanzig Jahre jüngere Frau geheiratet, Recha Wolff(1839– 1922), Tochter eines Arztes aus Danzig , die eine besondere Vorliebe für schöne Literatur besaß und selbst gelegentlich Gedichte verfasste. Zu ihren Jugendfreunden gehörte der Dichter Johannes Trojan . 8 Wolff senior kaufte 1873 das Haus Potsdamer Straße 26a 9 nahe der Potsdamer Brücke. Hier verbrachte Theodor seine Kindheit und Jugend. Er dürfte oft, wenn es stadteinwärts oder zur Schule ging, an dem nicht weit entfernten, auf der anderen Straßenseite gelegenen Haus 134c vorbeigekommen sein, in dem Fontane wohnte. Wolff besuchte das Königliche Wilhelms-Gymnasium in der Bellevuestraße, das er 1887 wegen schwacher Leistungen noch vor dem Abitur verließ. Der junge Mann interessierte sich mehr für Literatur als für schulische Dinge, schrieb seit dem vierzehnten Lebensjahr Gedichte, Novellen und Theaterstücke und legte sich ein Album an, in dem er Autographen zeitgenössischer Dichter sammelte.»Heute ist es mir fast unbegreiflich«, so erinnert er sich Jahrzehnte später,»daß mir Geibel, Paul Heyse , Theodor Fonta ne , Robert Hamerling , Friedrich Spielhagen , Eduard von Bauernfeld , Ludwig Anzengruber, Friedrich Bodenstädt Gedichte schenkten, der Feldmarschall Moltke mir die Zeile sandte: ›Arbeit in der Jugend trägt Frucht im Alter‹, Adolf Menzel , Paul Mayerheim und andere Künstler mir Zeichnungen gaben.« 10 Auch eine Schülerzeitschrift rief Wolff ins Leben, Erste Waffengänge (1886), an der seine Schulkameraden und Freunde Felix Hollaender , Max Osborn und Max Dessoir mitwirkten. 11 Wolff sollte nach dem Abgang vom Gymnasium wie sein Vater Kaufmann werden, verspürte aber wenig Lust dazu und dachte wohl mehr an eine ungebundene Dichterlaufbahn. Das Dilemma der Berufswahl löste ein Angehöriger aus dem engeren Kreis der Familie: Wolffs 25 Jahre älterer Vetter Rudolf Mosse(1843–1920), der erfolgreiche Berliner Zeitungsverleger, nahm sich des jungen Mannes an und brachte ihn zunächst in der kaufmännischen Abteilung seines großen Zeitungshauses unter. Während der
Heft  
(2023) 115
Seite
9
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