34 Fontane Blätter 115 Unveröffentlichtes und wenig Bekanntes [4] Theodor Fontane an Theodor Wolff , Berlin 24. Mai 1890 Berlin 24. 5. 90. Potsd. Str. 134. c. Hochgeehrter Herr. Heute Abend erst bringt mir mein Sohn Ihre schon vor 4 Tagen erschienene, überaus freundliche Besprechung meiner»Stine«. 5 Ich eile nun, Ihnen zu danken. Es ist gewiß alles so, wie Sie sagen; es ist so hinsichtlich der Mischung von Romantischem und Realistischem und es ist so hinsichtlich der Parallele zwischen Lene und Stine. Lene ist berlinischer, gesünder, sympathischer und schließlich auch die besser gezeichnete Figur. Auf die Frage »Lene« oder»Stine« hin angesehn, kann Stine nicht bestehn, darüber habe ich mir selber keine Illusionen gemacht, das Beiwerk aber – mir die Hauptsache – hat in Stine vielleicht noch mehr Colorit . Mir sind die Pittelkow und der alte Graf die Hauptpersonen und ihre Portraitirung war mir wichtiger als die Geschichte. Das soll gewiß nicht sein und der eigentliche Fabulist muß der Erzählung als solcher gerechter werden, aber der steckt nun mal nicht in mir; in meinen ganzen Schreibereien suche ich mich mit den sogenannten Hauptsachen immer schnell abzufinden, um bei den Nebensachen liebevoll, vielleicht zu liebevoll verweilen zu können. Große Geschichten interessiren mich in der Geschichte, sonst ist mir das Kleinste das Liebste. Daraus entstehen Vorzüge, aber auch erhebliche Mängel und diese so nachsichtig berührt zu haben, dafür Ihnen nochmals schönsten Dank. Frohe Pfingsten. In vorzügl. Ergebenheit/ Th. Fontane . [5] Theodor Fontane an Theodor Wolff , Berlin , 14. Mai 1892 Berlin 14. Mai 92. Potsd. Str. 134. c. Sehr geehrter Herr. Ich habe beide Bücher gelesen, auch im Bruillon darüber geschrieben, bin aber so herunter, daß ich es nicht mal abschreiben kann, auch deshalb nicht weil solche Abschrift immer so langweilig ist. So schicke ich heute blos das »Idyll« zurück, was Sie ja selbst entliehen haben. In 8 Tagen reise ich nach Schlesien und so wie ich mich einigermaßen erholt habe, schicke ich Ihnen in Abschrift meine bereits deponirte Weisheit. In vorzügl. Ergebenheit/ Th. Fontane .
Heft  
(2023) 115
Seite
34
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