Heft 
(2023) 115
Seite
54
Einzelbild herunterladen

54 Fontane Blätter 115 Literaturgeschichtliches, Interpretationen, Kontexte einen»deutschen Tisch« 28 ein, den eine ihrer Schülerinnen in humoristi­schen Reimen wie folgt beschrieb: If by chance you are slated for Miss Trebeins Tisch, Kenn your Worterbuch well is my sermon; For if bread or potatoes or aught else you wish, You must know how to ask it in German. And when you have eaten, not perhaps all you want, But all that to ask for youre able, Entschuldigen Sie mich or ›Mahlzeit‹ you must say, Ere you thankfully rise from the table. 29 Nach fünf Jahren Lehrtätigkeit in Decatur ließ sich Bertha Trebein im Frühsommer 1912 beurlauben, um einige Monate in Deutschland zu ver­bringen, bevor sie anschließend, wieder in Residenz an Columbia, intensiv an ihrer Dissertation zu arbeiten begann. Ihre Betreuer waren die Germa­nisten Calvin Thomas und William Addison Hervey, die selbst auch an deutschen Universitäten studiert hatten. 30 Eine dritte Atlantiküberquerung führte Bertha Trebein im Sommer 1913 erneut nach Berlin, wo sie das fol­gende Jahr damit verbrachte, in der Zeitungsabteilung der Königlichen Bi­bliothek und im Privatarchiv Friedrich Fontanes Abschriften und Exzerpte zur späteren Auswertung zu machen. Mit umfangreichen Aufzeichnungen im Gepäck trat sie am 4. Juli 1914, kurz nachdem die Ermordung des öster­reichisch-ungarischen Thronfolgerpaares in Sarajewo die Welt aufge­schreckt und eine diplomatische Krise ausgelöst hatte, von Bremen aus die Heimreise an. Als der Passagierdampfer»Berlin« nach neun Tagen in Ellis Island anlegte, klangen die Nachrichten aus Europa schon bedrohlicher, und Anfang August brach in Europa der Krieg aus. Die Vereinigten Staaten blieben aber einstweilen neutral, so dass Bertha Trebein in Ruhe ihre Dis­sertation abschließen konnte. Im Juni 1915 von der New Yorker olumbia University angenommen, erschien die Arbeit im Jahr darauf als gebunde­nes Buch in der Reihe der»Columbia University Germanic Studies«. Inzwi­schen zur Professorin und Leiterin der kleinen Deutschen Abteilung er­nannt, war Bertha Trebein zu diesem Zeitpunkt bereits wieder zurück am Agnes Scott College in Georgia. 31 Theodor Fontane as a Critic of the Drama gehört zu den ersten wissen­schaftlichen Untersuchungen zu Fontane überhaupt. An deutschen Univer­sitäten waren bis zum Ersten Weltkrieg lediglich vier einschlägige Disserta­tionen vorgelegt worden, und während Schlenthers Auswahledition bei ihrem Erscheinen im Feuilleton weithin Beachtung gefunden hatte, war in den seither vergangenen zehn Jahren keine eingehendere Untersuchung der Theaterkritiken erfolgt. Für Trebein dienten die Causerien allerdings nur als Anregung und Ausgangspunkt. Konkret war ihre Studie gänzlich anders aufgebaut und sehr viel breiter angelegt. Schlenther hatte die im Laufe der