Heft 
(2023) 115
Seite
129
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Vermessung des ›Unvollendeten‹  Sluyter-Gäthje, Skorinkin, Trilcke 129 Analysekorpus setzt sich zusammen aus: a) Fontanes fiktionalen Prosa-Werken(17 Texte, grün), also seine Roma­ne und Erzählungen, b) Fontanes faktualen Prosa-Werken(7 Texte, rot), konkret: autobiogra­phische Texte und die Bände der Wanderungen(plus dem Band Fünf Schlösser), und c) Werken von acht Autorinnen und Autoren aus Fontanes literarhisto­rischem Umfeld(24, übrige Farben). Textgrundlage waren jeweils die im»TextGrid Repository« 8 unter offener Lizenz bereitgestellten Dateien der Werke, bei denen es sich in der Regel um u. a. orthographisch modernisierte Leseausgaben aus dem 20. Jahrhundert handelt. 9 Das Ergebnis der Clustering-Analyse lässt sich in Gestalt eines Dendro­gramms also mittels einer Baumstruktur visualisieren(siehe Abb. 1). Die Texte sind rechts in der Grafik aufgeführt; die Einfärbung der Namen ist vorgegeben, wird also nicht durch den Computer bestimmt. Die Anordnung der Texte hingegen ist ein Erzeugnis des Clustering-Algorithmus, der die Texte aufgrund ihrer Ähnlichkeit zu Gruppen zusammenordnet. Texte, die auf einem» Zweig« des Dendrogramms zusammen angeordnet werden, sind sich also ähnlicher(für den Algorithmus sind also z. B. auch Heyse und Mar­litt einander ähnlich; oder Meyer und Freytag), wobei das rechte Ende eines Dendrogramms auch am aussagekräftigsten und stabilsten ist. Abb. 1 zeigt dabei, wie gut der Algorithmus funktioniert: Die Werke der unterschiedli­chen Autorinnen und Autoren sind sich selbst stets am ähnlichsten; und auch bei Fontane bilden die fiktionalen Werke eine homogene Gruppe, eben­so die nicht-fiktionalen Werke. 2.2 Stilometrisches Clustering von publizierten Werken und unpublizierten Fragmenten Mit den folgenden Analysen wenden wir die eingeführte Methode des sti­lometrischen Clustering auf die eingangs formulierte Forschungsfrage nach dem Unterschied zwischen ›vollendeten‹, i. e. publizierten Fontane­Texten, und ›unvollendeten‹, i. e. unpublizierten Fragmenten an. In Hinblick auf die Methode und ihr exploratives Potenzial operationalisieren wir die Forschungsfrage dabei in dem Sinne, dass wir experimentell erproben, ob sich mittels des Clustering-Algorithmus publizierte Texte und unpublizier­te Fragmente eindeutig gruppieren lassen. Basis der Analyse sind dabei zum einen 152 Fragmente aus der von ­Hehle und Delf von Wolzogen vorgelegten Edition. 10 Da diese Texte in ­historischer Orthographie ediert wurden, lassen sich die oben verwendeten Fontane­Texte in diesem Fall nicht weiternutzen. Wir greifen deshalb auf die eben-