Heft 
(2023) 116
Seite
14
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14 Fontane Blätter 116 Unveröffentlichtes und wenig Bekanntes ­besuchten regelmäßig das Dessauer Hoftheater und unternahmen Reisen nach London , Venedig , Neapel und Berlin. »Das Familienoberhaupt«, so der Historiker Bernd G. Ulbrich,»legte den Kindern Werte wie Sparsamkeit und Bodenständigkeit nahe und betonte auch den großen ethischen und erzieherischen Wert eines festen Gottesglaubens. Dass zwei der herange­wachsenen Kinder zum evangelischen Christentum 12 konvertierten, tat dem Familienfrieden keinen Abbruch.« 13 Hugo Sonnenthal erwarb sich durch sein vielfältiges Engagement für die jüdische Gemeinde und die Stadt Dessau großes Ansehen bei der gan­zen Bevölkerung bis hinauf zum Herzog, der ihn 1906 für seine Verdienste zum Geheimen Kommerzienrat ernannte und ihm mehrere Orden verlieh. Als einer der ersten Dessauer Juden wurde er Mitte der 1870er-Jahre in den Rat der Stadt gewählt, wo er sein großes Wissen als Finanzsachverständi­ger einbrachte und nachdrücklich die Ansiedlung und Entwicklung von Industrieunternehmen an der Mulde förderte. Über fast vier Jahrzehnte wirkte Sonnenthal, der der liberalen, weitgehend assimilierten Hauptströ­mung des deutschen Judentums angehörte, wie bereits sein Vater im Vor­stand der jüdischen Kultusgemeinde, deren Vorsitz er ab 1899 22 Jahre lang innehatte. Als Vorsteher der Julie-von-Cohn-Oppenheim-Stiftung war er maßgeblich am Bau der neuen Synagoge im orientalischen Stil beteiligt, die 1908 eingeweiht wurde. Auch spielte er bei der Finanzierung des neuen Dessauer Rathauses eine entscheidende Rolle und engagierte sich maßgeb­lich bei der Errichtung des Moses Mendelssohn -Denkmals daselbst. Mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs zeigten die Sonnenthals wie viele deutsche Juden ihre patriotische Grundhaltung und Verbundenheit mit ih­rer deutschen Heimat. So unterstützte Hugo Sonnenthal etwa die deutsche Kriegsführung durch sein Engagement in verschiedenen patriotischen Aus­schüssen und Kampagnen. Seine Frau Adele war ehrenamtlich im Aus­schuss der Goldankaufstelle für Kreis und Stadt Dessau tätig, die die Reichs­mark durch Goldankäufe bei der Bevölkerung zu stabilisieren suchte, und war darüber hinaus im Dessauer Rechtsschutzverein für Frauen aktiv, der Spenden für ein Soldatengenesungsheim sammelte und eine Auskunftstelle für Soldatenfrauen unterhielt. Alle drei Söhne der Sonnenthals dienten im Krieg im Heer bzw. Ersatzheer. Für sein großes Engagement als Proviants­Inspektor während des Kriegs wurde Oskar Sonnenthal von Herzog Fried­rich II. mit dem von ihm gestifteten Friedrich-Kreuz ausgezeichnet. Hugo Sonnenthal starb am 24. April 1921 im Alter von 76 Jahren nach einem Schlaganfall. Der Anhalter Anzeiger ehrte den Verstorbenen in ei­nem Nachruf als»eine der bekanntesten und beliebtesten Persönlichkeiten unserer Stadt«. Er habe sich durch seine»hervorragenden Gemüts- und Geistesgaben« ausgezeichnet und sei»bei seiner vornehmen, ruhigen und soliden Denkungsweise vielen unserer Mitbürger stets ein treuer Freund und Berater und seinen Angestellten ein unvergesslicher hochgeschätzter