Heft 
(2023) 116
Seite
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Fontanes Briefe an Paul Linsemann  Möller 21 Die Briefe Theodor Fontanes. Von Herrn Friedrich Fontane , dem Sohn des verstorbenen Dichters, er­halten wir das folgende, sehr bemerkenswerthe Schreiben: Hochgeehrter Herr! In der gestrigen Morgennummer des»Berliner Tageblatts« regt Herr Paul Linsemann an, die B r i e f e m e i n e s v e r s t o r b e n e n V a t e r s zu sammeln und herauszugeben. Er ist der Ansicht, daß die»Gemeinde seiner Verehrer« hierauf ein Recht habe wie auf nachgelassene Werke eines Dichters, und nimmt an, daß der Verewigte selbst der Erste gewe­sen wäre, der einem solchen Unternehmen in einem anderen Falle Bei­fall gezollt hätte. N a m e n s u n s e r e r F a m i l i e bin ich zu der Erklärung ermächtigt, daß wir die gute Absicht dieser Anregung zwar dankbar anerkennen, gegen ihre Verwirklichung jedoch E i n s p r u c h erheben müssen, weil es den wiederholt und in bestimmtester Weise geäußerten Wünschen meines Vaters entgegen wäre, wenn Niederschriften von ihm veröffent­licht würden, die er nicht selbst zur Veröffentlichung bestimmt hat. Aber auch in Bezug auf jeden Anderen würde es sein Zartgefühl nie­mals gebilligt haben, daß vertrauliche Aeußerungen eines Verstorbe­nen über noch lebende Zeitgenossen durch die Presse verbreitet wür­den, wie es schon jetzt kaum vierzehn Tage nach seinem Tode mit einzelnen seiner eigenen Briefe geschehen ist. Im Gegensatz zu einem solchen Verfahren hat es uns sehr wohlthuend berührt, daß einer Ihrer Herren Mitarbeiter, der im Besitze einiger älte­ren Briefe und Arbeiten meines Vaters ist und diese in den Spalten Ihres Blattes veröffentlichen wollte, sich verpflichtet fühlte, hierzu unsere Ge­nehmigung einzuholen. Wir haben ihm dieselbe, mit Rücksicht auf den durchaus vertraulichen Inhalt des uns vorgelegten Briefes, versagen müssen und sind nach dem oben Ausgeführten nicht in der Lage, etwa­igen späteren Gesuchen gleicher Art zu entsprechen. Sollten ähnliche Veröffentlichungen, wie die erwähnten, ohne oder wider unseren Wil­len noch weiter stattfinden, so werden wir uns leider genöthigt sehen, kraft der uns durch das Gesetz über das Urheberrecht vom 11. Juni 1870 gewährten Rechte dagegen einzuschreiten. Sie würden, hochgeehrter Herr, meine Familie und mich zu Dank ver­pflichten, wenn Sie diesen unseren Standpunkt gütigst zur weiteren Kenntniß bringen wollten. 9