Heft 
(2024) 117
Seite
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30 Fontane Blätter 117 Unveröffentlichtes und wenig Bekanntes 3. Theodor Fontane an Otto Brahm , Berlin , 27. März 1885 Berlin 27. März 85. Potsd. Str. 134. c. Hochgeehrter Herr u. Freund. Palermo , Hôtel des Palmes! Man wandelt nicht ungestraft unter Palmen und dessen ein neuer Zeuge ist dieser Brief. Denn er hat etwas von einem Ueber­fall, von Revolver und Brigantaccia; er könnte ja auch ein Rosen= und Ver­gißmeinnichtstreuer sein, aber er spricht von Wallner-Theater, Vossischer Zeitung, da= und nicht dagewesensein, und das sind lustige, prosaische Dinge, die etwas Gurgelpackriges haben. In der That hab ich geschwankt, ob ich überhaupt schreiben solle, aber ich glaube, ich hab es versprochen, das ist ein Grund, und wenig erfreuliche Nachrichten können immer noch besser sein als gar keine, das ist der zweite. Gewärtigen Sie aber nach die­ser Einleitung nicht etwas besonders Unangenehmes zu hören, nur auch von Angenehmem ist leider keine Rede. Ich hielt, als Sie abreisten, die Geschichte noch immer nicht für verloren und schrieb wenige Tage darauf an Stephany, des Inhalts, daß ich die Sache nicht für so schlimm halten könne, Sie seien, nach dem was Sie mir gesagt hätten, nicht da gewesen, und so erschiene mir das ganze unliebsame Er­eigniß in erster Reihe als ein Pech, das mit einem»Wischer«(ich gebrauchte diesen Ausdruck) genugsam bestraft worden wäre. Darauf keine Antwort. Aber mündlich erfuhr ich ich nenne absichtlich keine Namen, um die Sa­che so frei wie möglich von Klatsch zu halten daß Sie doch im Theater gewesen seien. Das machte natürlich keinen guten Eindruck, und auch ich, der ich nach freier Wahl die Rolle Ihres Vertheidigers gespielt hatte, konnte nur noch bitten, die bekannten»mildernden Umstände« gelten zu lassen. Inzwischen hat sich die Angelegenheit aber wieder in ein relativ besse­res Stadium hineingewachsen und zwar durch einen Brief Stephanys, in dem es heißt:»da gewesen oder nicht da gewesen(klingt fast wie Hamlet­Monolog) sei vom Zeitun[g]sstandpunkt aus angesehn, ganz gleichgültig; auf das Publikum mache der mit O. Brm. unterzeichnete Bericht den Ein­druck:»da gewesen« und das entscheide. Man könne nicht jedem Einzelnen auseinandersetzen, daß das alles nur Schein sei und daß er (Brm.) in Wahrheit nicht da gewesen sei.« Diesen Auseinandersetzungen konnten wir zustimmen; die Zeitung darf in diesem Falle rigoroser sein als die Freunde, die nur an dem»Da gewesen=sein« Anstoß nahmen, und das Da­gewesensein scheint, dem Stephanyschen Briefe nach zu schließen, von klä­gerischer Seite nicht mehr länger aufrecht erhalten zu werden. Man hat es fallen lassen und damit ist dem Kreise Ihrer Freunde genug gethan, die den Rest als eine Privatfehde zwischen Ihnen und der Zeitung ansehn. An Ver­söhnung mit dieser letztren, was ich anfänglich noch für möglich hielt, ist aber wohl nicht zu denken. Schriebe Frenzel nicht für die Rundschau, so