Heft 
(2024) 117
Seite
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36 Fontane Blätter 117 Unveröffentlichtes und wenig Bekanntes 2. Theodor Fontane an[Hermann Kletke ], Berlin , 16. November 1861 Dieser Brief ist an Hermann Kletke gerichtet, der als Redakteur für die Vos­sische Zeitung arbeitete und bereits früher Fontanes Gedichte rezensiert hatte und an den sich Fontane auch später gelegentlich mit Rezensionswün­schen wandte. 9 Am 14. November 1861(Donnerstag) teilte Fontane seinem Verleger Wilhelm Hertz mit, dass er soeben»trotz äußerster Müdigkeit« fünf Briefe an mögliche Rezensenten seines Buches entworfen habe, darun­ter an»Dr. Kletke(Voß)«, 10 die er dem Verleger, der sie den Rezensionsexem­plaren beifügen sollte, am nächsten Tag zusenden würde. Die Reinschrift dieser Begleitschreiben wollte er, da es bereits Mitternacht sei, vertagen. Wenn der Brief an Kletke nicht vordatiert ist, hat Fontane ihn aber erst am Sonnabend abgeschrieben. Eine Rezension, die namentlich nicht gezeich­net ist, erschien in der Nr. 301 der Vossischen Zeitung vom 24. Dezember 1861. Dass Kletke Gast im Tunnel war, ließ sich mit den Protokollen nicht belegen. 11 3. Theodor Fontane an Otto Brahm , Berlin , 27. März 1885 Otto Brahm (1856–1912), seit 1881 streitbarer Kritiker der Vossischen Zei­tung für die Privattheater, 12 also Kollege Fontanes, der über das Königliche Schauspiel berichtete, wurde 1885 vom Chefradakteur dieser Zeitung ge­kündigt. Paul Schlenther berichtete in seinem Nachruf auf Brahm in der Neuen Rundschau aus direkter Beteiligung folgendes: Brahm war bei der»Vossischen Zeitung« nicht so gut gestellt, um nicht noch Nebenbeschäftigung suchen zu müssen. Er hatte sie als Berliner Kunstkorrespondent der»Frankfurter Zeitung « gefunden. Er mußte über alle Theatervorkommnisse dorthin berichten. Obwohl das Wall­nertheater nach dem Tode der Wegner, nach dem Übertritt von Engels und Kadelburg ans Deutsche Theater immer tiefer sank und immer Be­langloseres brachte, durfte es der Vollständigkeit halber hier nicht übergangen werden. Brahm half sich damit, daß er sich von andern, meistens von mir, über die Aufnahme der nichtigen Stücke erzählen ließ und im Vertrauen auf den Gewährsmann einige Zeilen nach Frankfurt schickte, wo sie ohne die Chiffre des Absenders anonym erschienen. Dieses vielleicht nicht allzu gewissenhafte, aber in der Tagespresse nie zu vermeidende Verfahren, dauerte zwei Jahre. Eines Tages gelangten wieder auf meine Autorität hin einige Zeilen über einen höchst minder­wertigen, sanft durchgefallenen Wallnerschwank, ich glaube von Julius Rosen, nach Frankfurt . Aus Versehen setzte der dortige Redakteur die Chiffre O. Brm. darunter, womit Otto Brahm auch in der»Vossischen« seine Theaterkritiken zeichnete. Aus Bosheit und Rachsucht fand sich ein Denunziant, der den Machthabern der»Vossischen Zeitung« einbil­dete, Brahm sei im Wallnertheater gewesen und habe darüber geschrie­ben, während seinetwegen das Leibblatt der Berliner die Lieblingsbühne­