Heft 
(2024) 117
Seite
93
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Unbekanntes von Josef Ettlinger  Rasch 93 Fontanes, von denen einer die Spur zu einer Rezension von Effi Briest legt, die bislang gleichfalls unbekannt war und wiederentdeckt werden konnte. Ein Text also, der aufschlussreiches und weiterführendes Material bietet und Anlass gibt, den(wenn insgesamt auch nur schwachen) Beziehungs­spuren von Ettlinger und Fontane nachzugehen. Dieser Fährte folgen wir chronologisch von der Vorgeschichte des Nekrologs bis zu Fontanes Tod und skizzieren in kleinen Stationen mögliche und tatsächliche Berührungs­punkte zwischen Fontane und Ettlinger : von Ettlingers fulminanter Über­setzung von Madame Bovary 1891(die Fontane gekannt haben könnte!), seiner ersten Wortmeldung zu Fontane 1892, seiner Gründung des Salon­Feuilletons 1893 bis zum letzten Zusammentreffen Ettlingers und Fontanes im Juni 1898 im Erholungsparadies Weißer Hirsch bei Dresden . Josef Ettlinger , am 22. Oktober 1869 in Karlsruhe geboren, wollte ur­sprünglich Musiker werden, besuchte nach dem Abitur das Konservatori­um in Karlsruhe und ging 1887 zum Musikstudium nach Berlin . Ein Ohren­leiden führte zur Aufgabe seines Lebenswunsches, Musiker zu werden. Ettlinger sattelte um, studierte Germanistik an den Universitäten Berlin (hier fand er Anschluss an den Kreis um Erich Schmidt ) und Heidelberg und promovierte 1890 mit einer Arbeit über Hofmann von Hofmanns­ waldau . Anfang der 1890er-Jahre kehrte er nach Berlin zurück, wurde im April 1892 Feuilletonredakteur bei den Berliner Neuesten Nachrichten(bis Ende 1895) und arbeitete für zahlreiche weitere Zeitungen und Zeitschrif­ten. Ein bleibendes Verdienst erwarb sich der junge Journalist Ende 1891 mit der Übersetzung von Flauberts Roman Madame Bovary . Mœurs de pro­vince aus dem Jahr 1857, ein Buch, das in Frankreich längst zu den Klassi­kern der modernen Literatur zählte, in Deutschland aber nahezu unbekannt war. 7 »Seine Sprache hat Nerven« Ettlinger überträgt Flaubert Ettlinger war überzeugt, mit dieser Übertragung eine»literarische Mis­sion« 8 zu erfüllen,»ein viel zu wenig gekanntes Meisterwerk in breitere Schichten der deutschen Lesewelt einzuführen, bei der Flaubert bis zum heutigen Tage neben B a l z a c und D u m a s, D a u d e t und Z o l a, M a u p a s s a n t ­und B o u r g e t noch kaum recht zu Worte gekommen, ja zum größten Teil nur dem Namen nach bekannt geworden ist.«(S. IV.) Da­ran sei vor allem eine fehlende Übersetzung schuld, denn erfahrungsge­mäß würden die»Autoren von neun Zehnteln unseres Publikums deutsch gelesen«.(S. IV.) Ettlinger ging in seinem Nachwort vornehmlich auf die enormen Schwierigkeiten ein, die Flauberts Roman mit seinen sprachli­chen Feinheiten, subtilen Untertönen, sorgfältig und über viele Jahre aus­getüftelter Ausdruckswelt einem Übersetzer bereite:»Seine Sprache hat