Heft 
(2024) 117
Seite
98
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98 Fontane Blätter 117 Literaturgeschichtliches, Interpretationen, Kontexte rennamens. Da dieser Jahrgang des Salon-Feuilleton nirgendwo greifbar ist, konnte die Publikation bis heute nicht eingesehen werden. 24 Im März 1896 lieferte Fontane an Ettlinger drei Neue Gedichte, darunter das viel Fu­rore machende und sogleich von zahlreichen Zeitungen nachgedruckte Die Alten und die Jungen sowie Der neue Polonius an den neuen Laertes, das in der Buchausgabe 1898 mit Neueste Väterweisheit betitelt wurde. 25 Diese Erstdrucke(mit minimaler Varianz zum Bucherstdruck) waren bislang un­bekannt. Vermutlich im Zusammenhang mit den vielen Erinnerungen und Erinnerungsfeiern zum 50-jährigen Jubiläum der Märzrevolution, mögli­cherweise auch vor dem Hintergrund der Reichstagswahl am 16. Juni 1898 brachte Ettlinger Ende Mai 1898 mit Auf dem Wollboden. Eine Erinnerung an die Wahlen vor 50 Jahren eine Episode aus Fontanes Revolutionserinne­rungen. 26 Auch diese Publikation war bislang unbekannt. Sowohl die Neuen Gedichte als auch Auf dem Wollboden wurden umgehend von der Bonner Zeitung nachgedruckt, die sicher Abonnentin des Salon-Feuilletons war. Wie wir aus dem Fontane -Nekrolog Ettlingers erfahren, hat dieser zu­mindest in einem Fall Fontane animieren wollen, einen Beitrag»für ein zeitschriftliches Unternehmen, dem er warmes Interesse bewiesen«, zu lie­fern. Zum 80. Geburtstag des greisen Reichskanzlers am 1. April 1895 er­bat er sich eine Äußerung in Prosa oder Versen über Bismarck . 27 Doch Fon­tane lehnte dankend ab. Vermutlich hat der Bismarck -begeisterte Ettlinger nicht im Entferntesten geahnt, dass Fontane keineswegs ein so schwärme­rischer Verehrer des ehemaligen Reichskanzlers war, sondern zwischen respektvoller Anerkennung und tiefsitzender Abneigung schwankte.»Die­se Mischung von Uebermensch und Schlauberger«, so schreibt er an Bis­marcks 80. Geburtstag an seine Tochter Mete, von Staatengründer und Pferdestall-Steuerverweigerer(er glaubte die Stadt Berlin wollte ihn zugleich ärgern und bemogeln(man merkt, er hat selber öfters hinter der Thür gestanden)) von Heros und Heulhuber, der nie ein Wässerchen getrübt hat, erfüllt mich mit gemischten Gefühlen und läßt eine reine helle Bewunderung in mir nicht aufkommen. Etwas fehlt ihm und gerade das, was recht eigentlich die Größe leiht. 28 Was Fontane nicht daran hinderte, drei Jahre später aus Anlass von Bis­marcks Tod ein Gedicht( Wo Bismarck liegen soll) zu verfassen, das so­gleich in zahllosen Zeitungen des Reiches nachgedruckt von vielen als ge­lungene Glorifizierung des Hingeschiedenen gedeutet wurde. So auch mit großer Emphase von Ettlinger in seinem Fontane-Nekrolog. War Fontane mit Arbeiten für das Salon-Feuilleton auch zurückhaltend, so hat er zumindest in einem Fall versucht, einen Artikel an das Blatt zu vermitteln. Aus der Theodor Fontane Chronik erfahren wir, dass Fontane am 11. August 1895 einen Beitrag des Offiziers und angehenden Schriftstel­lers Georg von Graevenitz an Ettlinger für das Salon-Feuilleton geschickt und empfohlen hat. 29 Gedruckt wurde im Salon-Feuilleton jedoch nichts von