Heft 
(2024) 117
Seite
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130 Fontane Blätter 117 Rezensionen Lothar Weigert, Klaus-Peter Möller: Schmalhansküchenmeisterstudien versus Petitionsschriftstellerei. Theodor Fontane und der Berliner Zweigverein der Deutschen Schillerstiftung Würzburg: Königshausen& Neumann 2023( F ontane a na, Bd. 17). 704 S. 68,00 Trotz der schon im Nachmärz erhobenen programmatischen Forderungen nach sozialer Besserstellung war der Beruf des Schriftstellers auch im Kai­serreich vielfach prekär.»Was ist die Stellung des Schriftstellers?«, fragte Fontane 1891 in seinem Aufsatz Die gesellschaftliche Stellung des Schrift­stellers und fuhr fort:»Ich glaube, es herrscht in dieser Frage bei denen, die sie zunächst angeht, eine seltene Einmütigkeit. Die Berühmten und die Un­berühmten, Freien und Unfreien, die Romane- und Stückeschreiber, die Journalisten und Essayisten der armen Lyriker ganz zu geschweigen, alle sind meines Wissens einig darüber: die Stellung eines Schriftstellers ist miserabel.[...] Die, die mit Literatur und Tagespolitik handeln, werden reich, die, die sie machen, hungern entweder oder schlagen sich durch.[...] Das ganze Metier hat einen Knacks weg.[...] Unser Aschenbrödeltum ist unzweifelhaft, ist eine Tatsache.« Bereits zur Mitte des 19. Jahrhunderts lassen sich drei Tendenzen beob­achten, mit denen Schriftsteller auf die von Fontane beschriebene Situation reagierten: erstens mit dem Ruf nach Verstaatlichung des Literaturbetriebs, das heißt nach staatlicher Autorenförderung, zweitens mit einem gesteiger­ten Selbstverständnis der Schriftsteller als nationale Heroen, was deren fi­nanzielle Misere durch Ehre kompensieren sollte, drittens mit der Grün­dung berufsständischer Vereinigungen. Die 1855 ins Leben gerufene, 1859 dann formell gegründete Deutsche Schillerstiftung und ihr ebenfalls 1855 gegründeter Berliner Zweigverein sind im Schnittpunkt aller drei dieser Tendenzen zu verorten, woraus dann auch viele der Konflikte resultieren, die im Laufe ihrer Arbeit entstanden (Wann ist jemand ein Dichter? Können Hinterbliebene gefördert werden? Wann ist jemand ein Dichter mit nationaler Bedeutung?) und die sich jetzt erstmals im Detail an einer ganzen Reihe von exemplarischen Fällen der Förderung und auch Nicht-Förderung nachvollziehen lassen. So verstand sich die Deutsche Schillerstiftung von Beginn an als eine in gleich doppel­tem Sinne nationale Angelegenheit: zum einen als Institution der Förderung von Dichtern mit nationaler Bedeutung in ökonomischen Notlagen; zum an­deren als ein Projekt und Anliegen der zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht existierenden ›ganzen Deutschen Nation‹, bei dem in Schiller eine Figur ge­sehen wurde, mittels derer ein geeintes Deutschland zu einem Zeitpunkt imaginiert, ja sogar vorweggenommen werden konnte, als eine politische Einigung überhaupt noch nicht absehbar war. Theodor Fontane brachte dies 1859 in einer Rütli-Rede auf die prägnante Formel:»Und Schiller kam und Deutschland war geeint«. Personell getragen wurden die Deutsche