Heft 
(2024) 118
Seite
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168 Fontane Blätter 118 Informationen Theodor Fontane und sein Frankreichbild in Kriegsgefangen. Erlebtes 1870 » Ni dire, ni écrire, ni faire quelque chose contre la France.«(Theodor Fontane : Kriegsgefangen. Erlebtes 1870. Berlin 1999, S. 165) Mit diesen Worten wurde der deutsche Autor Theodor Fontane im Jahr 1870 aus der Kriegsgefangen­schaft in Frankreich entlassen. Sein parole dhonneur, also den Verzicht auf literarische Kritik gegen das französische Nachbarland, hielt Theodor Fontane ein, obgleich er dennoch zwei Texte veröffentlichte, die seine Zeit in Kriegsge­fangenschaft thematisieren bzw. rekapitulieren: Kriegsgefangen. Erlebtes 1870 und Aus den Tagen der Okkupation. Eine Osterreise durch Nordfrankreich und Elsaß-Lothringen 1871. In beiden Texten zeichnet Theodor Fontane ein Frank­reichbild, das nicht unmittelbar negativ von seiner Kriegsgefangenschaft beeinflusst ist. Mein Vortrag verfolgte das Ziel, das literarische Bild Frankreichs in Fontanes Reisebericht Kriegsgefangen . Erlebtes 1870 darzustellen. Dabei ging es weniger um die Verortung des Textes in zeitgenössischen Diskursen über Frankreich als darum, nachzuvollziehen, wie Fontane seine subjektiven Reiseeindrücke literarisiert und poetisiert. Dabei konnte zunächst mit Bezug auf die Wahrnehmung und Darstellung von Landschaft festgehalten werden, dass Fontane trotz der bedrückenden Situation, in der er sich befindet, weiterhin sensibel für die Natur Frankreichs und ihre Reize bleibt. In der Darstellung von Stadt und Gefängnis tritt dann eine Veränderung ein. Fontane wird mit Räumen mit klaren Grenzmarkierungen konfrontiert, die seinen Wahrneh­mungsbereich einengen. Das Gefängnis wird hier als ›Containerraum‹ beschrie­ben, der nicht nur den Freiheitsdrang, sondern auch die Lust am Sehen und Wahrnehmen beschränkt. Grundsätzlich aber schafft es Fontane, zumindest dieser Selbstdarstellung nach, Verzicht zu üben und er behält sein wohlwollen­des Interesse gegenüber dem Land und seinen Leuten. Abgeschnitten von den landschaftlichen Reizen bezieht er sich nun in seiner Darstellung auf das scheinbar Triviale und Kleine, dem dennoch poetischer Wert beikommt. Dazu zählen beispielsweise die meist trivialen Gespräche mit Mitinsassen über unbedeutende Dinge, die ihm eine willkommene Abwechselung sind, oder ein unscheinbarer Gegenstand wie eine gebrauchte Blechkanne, die er später als ›Erinnerungsstück‹ sogar mitnimmt. Die Blechkanne, die mit positiven und negativen Erfahrungen gefüllt ist, wird geradezu zu einem Symbol für Fontanes Festhalten an einem liebevoll-poetischen bzw. poetisierenden Blick auf das Land, in dem er zwei Monate inhaftiert war. Simon Prahl, Frankfurt am Main