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Die an der Grenze der Sichtbarkeit stehenden oder diese nur wenig überschreitenden Lebewesen aus der Gruppe der Protozoen und niederen Krebstiere sind in fast allen Dorfteichen außerordentlich zahlreich vertreten, denn diese Wasserbecken bieten ihnen die denkbar günstigsten Lebensbedingungen. Sie sind flach, ohne Strömung, erwärmen sich leicht, lassen die Wirkung der Sonnenstrahlen bis zum Grunde dringen und sind außerordentlich reich an Näbrstoffen für die Kleintierwelt. Diesen fällt bekanntermaßen die Aufgabe im Naturhaushalt zu, die im Wasser- schwebenden und niedersinkenden organischen leblosen Stoffe in lebende tierisckre Substanz umzusetzen, eine Aufgabe, in welcher sie von den niedersten Vertretern der Boden- und Uferfauna unterstützt werden.
Solche Nährstoffe werden dem Wasser des Dorfteiches in weit größerem Umfange zugeführt, als dies bei anderen Gewässern der Lall sein kann.
Der Rust des zur Tränke kommenden Niehes, der Kot des Geflügels, der an trockenen Tagen durch den Wind von der Dorfstraße wcggefegte Staub, vorwiegend bestehend aus Kot des Niehes und j?slanzenteilen aller Art, sowie mineralisckien Bestandteilen, gelangen in den Teich; jeder Regen wäscht die Straße rein und führt die abgeschwemmten Teile dem Dorfteich zu. Aus vielen Höfen fließt die Zauckx: ab in die Straßenrinne, oder gar direkt in den Dorfteich, welchem auf diese Weise organische Substanzen zugeführt werden, deren Wenge überraschen würde, wollte man sie für eine gewisse Zeit in Zahlen ausdrücken. — Tote organische Substanz muß bei Gegenwart von Licht, Feuchtigkeit und Wärme in Fäulnis übergehen. Daß — wie bereits gesagt — ein solcher Fäulnisprozeß im Dorsteiclfe nicht stattfindet, ist aus die Tätigkeit der Kleintierwelt zurückzuführen. Diese vollbringen im Dorfteiche die große Aufgabe der Selbstreinigung des Wassers. Grst in der Neuzeit ist die wunderbare Tatsache von der Selbstreinigung der Flüsse erkannt worden. Wan versteht unter dieser den Vorgang einer Verminderung der dem Wasser zugeführten cs verunreinigenden Bestandteile. Derselbe spielt sich so ab, daß nach mehr oder minder langem Laufe des Flusses die von ihm mitgeführten Verunreinigungen nicht nur infolge des Zuflusses reinen Wassers, sondern als Resultat der eben genannten biologischen Vorgänge, so erheblich abgenommen haben, daß die Zusammensetzung des Wassers derjenigen sehr nahe oder gleich kommt, welche das Wasi'er vor dein Zutritt der Verunreinigung zeigte. Die Selbstreinigung des Dorfteiches wird sich dementsprechend in der Weise abspielen, daß seine gesamte Bewohnerschaft, welche in mebrfach sich gliedernden Stufenreihen aufeinander angewiesen ist, in Tätigkeit tritt. Die niedersten Lebewesen, die Bakterien, werden in erster Linie auf die dem Dorfteiche zugeführten Stoffe wirken, ihnen reihen sich Mze, Algen und Protozoen, sowie andere Scküammfresser an, welck^e de» Rädertieren und niederen Krustazeen (iMpbnin, liomiiiim, l'.vclopp, I)iu>>k«>in»ch, d. h. der Hauptmasse einer fisckiereilich brauchbaren Klcintierwelt als Nahrung dienen.
Ihre Anwesenheit gibt daher jenen Fischen die Wöglichkeit, im Dorfteiche zu leben, welckie ikren Nabrungsbedarf vorzugsrveise oder ausschließlich aus den Blassen jener Kleintierfauna decken: das sind die Lvpriniden, d. h. die karpfenartigen Fische.