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Russlands Landwirtschaft und ländliche Siedlungen in der Transformation / Hans Viehrig
Entstehung
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Der Getreide- und Flachsanbau hat den stärksten Rückgang erlitten und ist teilweise dem Anbau von Kartoffeln und Feldgras gewichen. Weite Flächen stellen Brachland dar, sind inzwischen verbuscht und auch vermoort.

Siedlung und Bevölkerung

Der Kleinteiligkeit der Landschaft in der Großregion entspricht besonders im moskau­fernen Raum auch eine historisch gewachsene Zersplitterung der Siedlungsstruktur. Stärker als in anderen Großregionen ist bei einer mittleren Größe der ländlichen Siedlun­gen(naselennye punkty) von 107 Ew.(VZ 1989, bei LUCHMANOV 2001, S. 254) die ländli­che Bevölkerung auf Klein- und Kleinstsiedlungen verteilt. Diese sind oft ungenügend infrastrukturell an die Kreis- oder Regionalzentren angebunden. Während im Gebiet Moskau die mittlere ländliche Siedlungsgröße 1989 bei 222 Ew. lag, betrug sie im peri­pheren Gebiet Smolensk 54 Ew.(ebenda, S, 241) und im Gebiet Twer sogar nur 27 Ew. (O BRIEN et al. 1999, S. 52). Es besteht kein Zweifel, dass diese Kleinteilig- und Weitmaschigkeit der ländlichen Siedlungsstruktur den Transformationsprozessen eine eigene Prägung verleiht. Bekanntlich hat auch eine jahrzehntelange Abwanderung der Landbevölkerung in die Metropolen Moskau und St. Petersburg sowie in die Gebiets­hauptstädte den ländlichen Raum der Zentralregion übermäßigaufgezehrt. Damit haben die ländlichen Siedlungen langzeitlich junge, arbeitsfähige und kreative Bevölkerungs­gruppen verloren, die für den Transformationsprozess dringend gebraucht werden. In letzter Zeit haben sich die Wanderungsverluste merklich verringert. Allerdings verloren die Dörfer der Großregion weiterhin zwischen 1995 und 2002 teilweise über 10% ihrer Bevölkerung, vorwiegend durch Sterbeüberschüsse(berechnet nach ROSSIJSK. STATIST. EZEGODNIK 2002, S. 48). Insgesamt liegen die Anteile der Bevölkerung im Rentenalter weit über dem Landesmittel und werden nur von den Verhältnissen in der Zentralen Schwarzerde-Region übertroffen.

Die hohe Arbeitslosigkeit auf dem Lande hat selbst in den>400 km entfernten Landes­teilen eine saisonale Arbeitspendelwanderung zur Agglomeration Moskau ausgelöst, die dort im Frühjahr/ Sommer hauptsächlich auf die Bauwirtschaft ausgerichtet ist(ALEK­EEV/SIMAGIN 1999, S. 11). Auf die Lebenssituation der Landbevölkerung weisen besorg­niserregende Daten zur Lebenserwartung der männlichen Bevölkerung hin(Twer 51,8 Jahre, Smolensk 53,4 Jahre). Diese ähneln den Verhältnissen in ostsibirischen Problemregionen. Positive Impulse der Revitalisierung von Dörfern deuten sich in moskaunahen Raum an. So wird dort eine anhaltende Tendenz von ländlichen Siedlun­gen als Sommer- bzw. Alterswohnsitz der Moskauer Bevölkerung beobachtet(vgl. BRADE/ NEFJODOVA 1998, S. 25 ff.).

Tab. 6.1-6: Überalterung der ländlichen Bevölkerung und Komponenten der Bevölkerungsbewegung in Gebieten der Zentralregion 2001

Region Ländliche Bevölkerung Natürliche Migrationsrate

im Rentenalter(in%) Zuwachsrate(°/oo)(°/oo) (a I AAN [Rjasan I 829 208 08

Quelle: Nach DEMOGRAFIGCESKIJ EZEGODNIK A 2002, S. 49, 50, 106, 07,

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