Omnibusverkehr gekürzt wurden, stiegen die Beförderungspreise stark an, Linien wurden ausgedünnt oder nicht mehr befahren. Insgesamt reagierte die Bevölkerung auf die neuen Erreichbarkeitsbedingungen mit einem Rückgang der Fahrten im System des StadtUmland-Verkehrs.
5.5.2 Mobilität der ländlichen Bevölkerung im Stadt-Umland-Verkehr
Neben der Verteuerung der Verkehrsangebote in Relation zu den in den Dörfern vorherrschenden Einkommensverhältnissen unter oder nur wenig über dem Existenzminimum wirkten auch der zunehmende Anteil von Menschen im Rentenalter und der Wegzug jüngerer Personen mit Anspruch auf Bildungsangebote sowie die wachsende Arbeitslosigkeit auf die Verringerung der Verkehrsnachfrage. Nach POROSENKOV/DIDENKO(2000, S. 28, Table 3) ragten im Gebiet Woronesh als Hauptgrund für den Besuch der Kreiszentren die Wahrnehmung von Einkaufsangeboten(von 1990-1999 von 42% auf 35% abgesunken), der Besuch von Verwandten/Freunden(anteilig bei 16% der Motive gleich geblieben) und die Nutzung von sozialen Dienstleistungen(medizinische Versorgung) heraus. Die gleichen Untersuchungen bezeugten, dass ca. ein Fünftel der Dorfbevölkerung(n=1400 Probanden) gegenwärtig eine Fahrt zum Kreiszentrum lediglich nur noch einmal im Quartal sowie ein weiteres Fünftel nur noch jährlich einmal wahrnehmen (vgl. auch HELLER et. al. 2003, S. 75/76). Untersuchungen von ALEKSEEV/SIMAGIN(1999, Attachment, Fig. 14) im äußerst strukturschwachen Kreis Demidow/Oblast Smolensk haben 1999 ähnliche Ergebnisse nachgewiesen. Einmal im Quartal sahen dort 26% der Probanden(n=404) einen Besuch der Kreisstadt vor. Außerdem erklärten 21% der Befragten, dass sie nur einmal im Jahr das Kreiszentrum aufsuchen würden und 19% verzichten generell auf diese Fahrten. Insgesamt hat die Reiseintensität zu den Klein- und Kreiszentren Einbußen erlitten.
6 Transformationsprozesse in Landwirtschaft und ländlichen Siedlungen in Beispielregionen
Die schon genannte Vielfalt der politischen-ökonomischen, sozialen und naturräumlichen Bedingungen in den Regionen Russlands zwingt zu detaillierten, sachbezogenen Regionalanalysen der Transformation auf Meso- oder Lokalebene. In der Folge versucht der Verfasser, auf der Grundlage von Fachliteratur und russischer Statistik diesem Anliegen nachzukommen. In der Regel dient dem Vorhaben als räumliches Bezugssystem eine Regionalisierung des Landes nach Wirtschaftsgroßregionen, die ALEKSEEV/NIKOLINA (1995) in Abwandlung des vor 1990 in der Wirtschaftsplanung der Sowjetunion gehandhabten Systems vorgeschlagen haben. Dieser Regionalisierung wurde der Vorzug gegenüber der jüngst seit 1999 in Russland üblichen Raumgliederung in sieben Föderale Bezirke(Okrugi) gegeben, da letztere in ihrer Abgrenzung stärker zentralisierte Verwaltungs- und Sicherheitsinteressen, weniger großräumige wirtschaftliche Strukturen im Blickfeld hat(BRADSHAW 2003, S. 5).
Die Auswahl der Fallbeispiele erfolgte in ihrem räumlichen Zuschnitt primär problem-, teilweise auch materialbedingt:
1. die Zentralregion(Moskauer Großraum) im europäischen Russland wegen ihres deutlichen Zentrum-Peripher-Gegensatzes in Umfang, Intensität und Problemen der Transformation,
2. die Zentrale Schwarzerde-Region hinsichtlich ihrer besonderen Rolle als Getreideprovinz Russlands bei gleichzeitig größeren agrarökologischen, demographischen und Infrastrukturproblemen,
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