Teil eines Werkes 
Bd. 1, Teil 3 (1914) Die Kunstdenkmäler des Kreises Ruppin / unter der Schriftl. des Theodor Goecke bearb. von Paul Eichholz ...
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Kunſtgeſchichtliche überſicht.

Der Kreis Ruppin iſt kunſtgeſchichtlich betrachtet im Vergleich zu den Nachbar⸗ Einleitung. kreiſen weder reicher noch auch ſonſt bedeutender, doch umfaſſen ſeine Denkmäler die meiſten Gattungen und faſt jede Stilart. Die Ausgangspunkte der Kultur und Kunſt bildeten hier neben Kloſter Lindow und dem Sitz der Lindower Grafen zu Altruppin

(. die Städte Wuſterhauſen , Neuruppin und Granſee ; auch die Gegenden von Löwenberg H und Teſchendorf waren frühzeitig beſiedelt. Das im Norden und äußerſten Süden A gelegene Gebiet des Kreiſes fällt für das Mittelalter faſt ganz aus, jenes wegen feiner 4. ſandigen Höhen und Waldbeſtände, dieſes wegen der ausgedehnten Brüche. Der ſich H über die Städte hin erſtreckende mittlere Strich zeigt ſich in ſeiner mittelalterlichen

H Architektur der Prignitz verwandt, was ſich namentlich in dem Granitbau der Kirchen H und ihren breiten Turmhäuſern bemerklich macht. Trugen im Laufe dieſer Zeit der kräftige Vorſchub der Beſiedelung, die Miſſion der Kirche, die Bautätigkeit kraft­voller Rittergeſchlechter, eines geſunden kernhaften Bauernſtandes, friſch aufblühender Städte und geiſtlicher Orden je nach ihren Bedürfniſſen und Beſtrebungen zur Kunſtbetätigung bei, ſo läßt dieſe umfaſſende Tätigkeit bereits im 16. Jahrhundert nach; nur bei den Bredows in Rheinsberg und Sonnenberg und den Klitzings in Walsleben finden wir noch vereinzelte künſtleriſche Leiſtungen im Kirchenbau.

Nach dem alles Kunſtleben vernichtenden großen Religionskriege tritt zunächſt etwa für ein halbes Jahrhundert ein völliger Stillſtand ein, da die Städte infolge der großen Brände und Brandſchatzungen vollſtändig darniederlagen und das Land entvölkert war. Ein Wandel der Zuſtände vollzog ſich danach durch die Steigerung der Fürſtengewalt, die fördernd ſelbſt in die baulichen Verhältniſſe der Städte ein­griff. Als eine ihrer Folgen kann man auch die künſtleriſche Schöpfung betrachten, die in dem Schloſſe zu Rheinsberg verkörpert iſt, inſofern fie ausſchließlich der felb­ſtändigen Entſchließung eines Fürſtenſohnes ihr Daſein verdankt. Der verhältnis: mäßig kurze Aufenthalt des Kronprinzen Friedrich an dieſem landſchaftlich bevor zugten Orte bewirkte daſelbſt ein raſches Aufblühen der Kunſt in Architektur, Plaſtik und Malerei, das bald wieder erloſch und dem erſt unter dem Prinzen Heinrich für einige Jahrzehnte eine Nachblüte folgte. Der Brand von Neuruppin von 1787, welcher große Teile der Stadt ſo völlig vernichtete, daß ſelbſt ihr Grundplan dadurch ſtark verändert wurde, veranlaßte dort eine umfaſſende Bautätigkeit. Nicht überſehen darf man, was das 18. Jahrhundert und der Anfang des 19. an ſchönen Werken der Innenausſtattung in Kirchen wie in Schlöſſern geſchaffen hat. Das 19. Jahrhundert hat in unſerem Kreiſe kaum etwas Hervorragendes gezeitigt.

III