Teil eines Werkes 
Bd. 1, Teil 3 (1914) Die Kunstdenkmäler des Kreises Ruppin / unter der Schriftl. des Theodor Goecke bearb. von Paul Eichholz ...
Entstehung
Seite
XXXVI
Einzelbild herunterladen

Entſtehung der Städte.

Stadtplan und Straßenbild.

XXXVI Ruppin.

Ortsanlagen.

In bezug auf die Entſtehung der Städte kann man Altruppin und Rheinsberg als Suburbien mittelalterlicher Burgen anſehen, in gewiſſem Sinne, nämlich für ſeinen Anfang, auch Wuſterhauſen . Ähnlich iſt das Verhältnis von Lindow zu ſeinem Kloſter. Neuruppin iſt höchſtwahrſcheinlich aus der von Altruppin aus erfolgten Gründung eines älteren Marktfleckens hervorgegangen. Ob ſich bei Granſee eine ähnliche Entwicklung vollzogen hat, entzieht ſich unſerer Kenntnis. Neuſtadt dagegen iſt erſt im 17. Jahrhundert aus einer kleinen Siedelung bei einem älteren feſten Haufe durch Erweiterung auf fürſtliche Anordnung entſtanden.

In ſeinen Stadtanlagen hat das Mittelalter Ergebniſſe geliefert, die den mit vollem Bewußtſein und vieler Kunſt geſchaffenen Anlagen des 18. Jahrhunderts mindeſtens gleichſtehen, ja ſtellenweiſe überlegen ſind. Der geſunde Sinn für das Sachliche, Praktiſche und Schöne zugleich, den jene Zeit in allen Dingen des Bau weſens bewährt hat, hat ſie auch im Städtebau vor Mißgriffen bewahrt. Das in der Mark meiſt uneingeſchränkte flache Gelände geſtattete eine im allgemeinen regel­mäßige Anlage der Straßenzüge, entſprechend den rechtwinkligen Grundformen des Hauſes und Grundſtücks. Daß die Zeit aber dabei ohne ängſtliche Genauigkeit verfuhr und den leiſeſten natürlichen Anläſſen nachgab, zeigen die ſchiefen Häuſerblöcke von Neu­ ruppin . Auch in bezug auf den Aufriß der Straßenbilder traf man von vornherein das Richtige. Das Weſen des Hauſes kommt erſt durch fein Dach zum vollen Aus­druck; man war deshalb bemüht, die Dachform durch den ſtraßenwärts gekehrten

Giebel hervortreten zu laſſen und bewirkte damit abſichtlich oder unbewußt eine

maleriſche Belebung des Geſamtbildes der Straße für die verſchiedenſten Standpunkte und Sehrichtungen. Zu den unvermeidlichen Horizontalen der Sockellinien und Fenſterreihen trat der höchſt wohltuende Gegenſatz der aus den Giebeln gebildeten zickzacklinie, wie ihn uns die älteren Abbildungen, namentlich die Merianſchen An­ſichten in Fülle zeigen. Die maleriſche Anordnung blieb auch bei dem Rathauſe gewahrt, das mit ſeinen Anbauten, wie Gerichtslaube, Wagebude und Scharren, frei auf dem Markte ſtand(Neuruppin , Lindow ), ebenſo bei den Kirchen, die faſt durchgehends ihrer Orientierung wegen von den Straßenrichtungen abwichen und inmitten der intim umgrenzten Friedhöfe zu ſelbſtändiger Wirkung kamen.

Ganz anders verfuhr das 18. Jahrhundert. Nachdem die beengenden Ring mauern der Städte gefallen waren, ſuchte man durch Verbreiterung der Straßen der Feuersgefahr beſſer entgegenzuwirken, und das iſt ein großer Vorzug der neueren Anlagen. Auch wurden die Scheunen, weil beſonders gefährlich, vor die Stadt verlegt. Aber nicht immer und in jeder Beziehung wurde die Überfülle an freiem Raum gut ausgenutzt. So wurde in Neuruppin der Marktplatz jetzt eingeſchränkt und mit genauer Durchführung der Richtlinien die Kirche gleichlaufend zur Straße geſtellt. Ja man ging hier ſoweit, die Straßen innerhalb des Brandgebietes ohne Not und Rückſicht auf die erhaltenen Stadtviertel in das bequeme Rechteck ſchema zu zwängen. Auch die Anlage der durch Ausfall je eines Häuſerblocks ge bildeten drei Plätze in regelmäßigen Abſtänden auf der gleichen Seite der Hauptſtraße