Kunſtgeſchichtliche Uberſicht. XXXIX
Ausbaues der oberen Teile fraglich. Die wenigſtens teilweiſe zur Ausführung gez kommene zweitürmige mit maſſiven Helmen iſt in weiter Runde, ſelbſt über die Grenzen des Kreiſes hinaus, das einzige Beiſpiel dieſer höchſt monumentalen Art und hätte, bei voller einheitlicher Durchführung, den denkbar ſtattlichſten Aufbau einer Weſtfront ergeben. In nachgotiſcher Zeit gewinnt der Typus des quadratiſchen Weſtturms das Übergewicht(Rheinsberg , Altruppin).
Die Entwicklung der Grundrißanlage des eigentlichen Kirchenraumes vers anſchaulichen die Umbauten der einzelnen Teile der Pfarrkirche von Wuſterhauſen in ſehr bezeichnender Weiſe. Sie bedeuten für die allgemeine Anlage zunächſt die Umwandlung der Baſilika zur Hallenkirche, dann aber die völlige Aufgabe der Kreuzarme und ganz gleiche Ausbildung des Querſchnitts von Schiff und Chor, wodurch dieſer gleichzeitig eine bedeutende Erweiterung erfährt. Die von Riedel ohne Quellenangabe überlieferte Nachricht, daß die im 15. Jahrhundert ganz neu erbaute Neuruppiner Pfarrkirche vier Pfeilerreihen beſeſſen habe, könnte zunächſt auf eine fünfſchiffige Anlage gedeutet werden; doch iſt dies inſofern nicht ganz wahrſcheinlich, als andere bedeutendere Städte wie Derlig, Brandenburg und Prenzlau , ſich mit dreiſchiffigen Kirchen begnügten.
Für den öſtlichen Schluß des Chores treten uns zwei verſchied ene Löſungen entgegen: zu Wuſterhauſen die reichere Choranlage mit Umgang, die auf einen in Frankreich mit großer Vorliebe und danach auch in Norddeutſchland an Pfarrkirchen vielfach angewendeten Typus zurückgeht, in Granſee aber die einfachere Faſſung der Chorendigung in drei einzelnen polygonalen Niſchen, entſprechend den drei Schiffen verſchieden an Breite, jedoch auf gemeinſamer Grundlinie, eine Einſchränkung, die, im Oſten Frankreichs vorbereitet, ſich ähnlich ſogar an einer deutſchen biſchöflichen Kathedrale, nämlich in Regensburg , bei uns im Norden aber nur vereinzelt, namentlich in Schleſien , findet. Die der Granſeer Kirche örtlich nächſten Analogien ſind die Johanniterkirche zu Werben(Altmark) und die Pfarrkirche St. Marien zu Prenzlau . Bemerkenswert iſt, daß man in allen drei Fällen, trotz der Endigung der Schiffe in drei einzelnen Chorſchlüſſen, auf einen gemeinſamen Giebel nicht verzichten wollte.
Als zeitlich letzte Ergänzung der Pfarrkirchenanlage erſcheinen die beſonderen Kapellenanbauten, die anſcheinend in erſter Linie für die Zwecke geiſtlicher Gilden, namentlich der Kalands⸗- und Marienbrüder, beſtimmt waren. Andeutungsweiſe finden wir eine derartige Einrichtung, d. h. eine Abtrennung vom allgemeinen Kirchenraume bereits in dem etwas erhöhten Oſtteile des ſüdlichen Seitenſchiffes in Granſee , deſſen Lage über dem Kirchenfußboden hier freilich noch nicht eine volle Stockwerkshöhe erreicht, jedoch ſchon zur Unterbringung eines beſonderen Raumes, nämlich der Sakriſtei unter dem erhöhten Teile des Chores, benutzt iſt. Gewiſſermaßen die zweite Entwickelungsſtufe bilden dann eigentliche Kapellenanbauten der angedeuteten Art. Sie werden namentlich in der früheren Zeit mit Vorliebe paarig und in ſymmetriſcher Anordnung im Süden und Norden dem Chore angefügt. Gleichzeitig damit tritt auch die Anordnung zweier Geſchoſſe in voller Klarheit auf, derart, daß das Untergeſchoß von gewöhnlicher Stockwerkshöhe zu ebener Erde liegt und meiſt einerſeits