Teil eines Werkes 
Bd. 1, Teil 3 (1914) Die Kunstdenkmäler des Kreises Ruppin / unter der Schriftl. des Theodor Goecke bearb. von Paul Eichholz ...
Entstehung
Seite
XL
Einzelbild herunterladen

Kloſterkirchen.

Kapellen.

XL Ruppin.

eine Vorhalle, andrerſeits die Sakriſtei enthält, während das bis zu den Schiffsgewölben hinaufreichende Obergeſchoß auf der einen Seite noch jetzt häufig als Bücherei dient, auf der anderen aber durch einen weiten Bogen nach dem Mittelſchiff geöffnet iſt und ſo zunächſt nur als Loge erſcheint, in der Tat aber ehemals eine beſondere Kapelle mit eigenem Altare bildete. Derartigen Kapellen begegneten wir bereits früher in Pritzwalk (Oſtprignitz ) und finden fie in unſerem Kreiſe in Wuſterhauſen . Vereinzelt treten fie jedoch auch einſeitig auf, wie z. B. in Granſee am ſüdlichen Seiten: ſchiff. Eine andere Art von angebauten Kapellen iſt vertreten durch die einſtẽckige Marienkapelle zu Wuſterhauſen .

Die Renaiſſancezeit hat keine weſentlichen Anderungen oder neuen Ent wicklungsformen des Grundriſſes geſchaffen, wenn wir von der nachträglichen zwei­ſchiffigen Einwölbung und Erweiterung der Rheinsberger Kirche abſehen. Infolge des Überfluſſes an kirchlichen Gebäuden in den Städten kam es überhaupt erſt im 18. Jahrhundert gelegentlich wieder zu Neuſchöpfungen. Als eine ſolche können wir den zentralen Grundriß der ſeit 1666 in Form eines griechiſchen Kreuzes angelegten Pfarrkirche von Neuſtadt a. d. Doſſe anſehen. Es iſt einer der vielen Verſuche, eine Predigtkirche im eigentlichen Sinne herauszubilden, und keiner von den ſchlechteſten. Einer Queranlage der Kirche mit der Aufſtellung des Altars inmitten einer Langſeite begegnen wir zuerſt um 1750 in Lindow , wo allerdings der Grundriß noch einen Turm am Ende, jedoch am Oſtende , zeigt. Auch wurde zunächſt noch der Schein einer Kreuzanlage gewahrt durch die kurzen Anſätze in der Mittelachſe an der Vorder und Hinterfront, die zugunſten des Eingangs und des Altars erhalten blieben. Ganz ähnlich iſt die Anlage der um 1800 entſtandenen neuen Pfarrkirche von Neu­ ruppin , nur daß die Queranlage durch den Wegfall des Turmes am Ende und die Auszeichnung der Mitte durch eine Kuppel noch klarer hervortritt.

Im Innern hat die mit der Reformation entſtandene ausgedehnte Emporen­anlage bald immer breiteren Raum beanſprucht und ſchließlich den ganzen Kirchenraum fo überwuchert, daß er ſeitdem an weihevoller Stimmung außerordentlich verlor und mehr eine nüchterne profane Erſcheinung erhielt.

Von den einſtigen drei Kloſterkirchen des Kreiſes, zu Lindow, Granſee und Neuruppin , iſt nur noch die letztere erhalten. Sie hatte urſprünglich den herkömm­lichen Typus der Bettelmönchskirchen, beſtehend aus einem dreiſchiffigen Langhauſe von bedeutender Wirkung und einem einſchiffigen Chor, der hier indeſſen nicht ganz die ſonſt übliche Länge erreichte und wohl urſprünglich gerade geſchloſſen war. Die Umwandlung dieſes Chorſchluſſes zum Polygon fand noch um die Wende des 13. Jahrhunderts ſtatt. Ein Dachreiter erſetzte den Turm.

Selbſtändige Kapellen waren zahlreich im Kreiſe, und zwar waren es wohl durchgehends Hoſpitalkapellen. Neuruppin hatte deren ſechs, Wuſterhauſen vier. Die bedeutendſten waren die Siechenhaus⸗ und die Georgskapelle in Neuruppin ſowie die Hoſpitalkapelle in Granſee . Polygonalen Schluß haben die beiden erſteren, ebenſo die Stephanskapelle in Wuſterhauſen ; die in Granſee hat Saalform. Die Glocken hingen bei allen in kleinen Dachreitern.