Teil eines Werkes 
Bd. 1, Teil 3 (1914) Die Kunstdenkmäler des Kreises Ruppin / unter der Schriftl. des Theodor Goecke bearb. von Paul Eichholz ...
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Rheinsberg (Geſchichte). 211

von Berlin , wohin ihn nichts zog und wo ſeine Gemahlin, durch inneren 3Zwieſpalt von ihm geſchieden, reſidierte. Der Beſuch des geliebten Neffen, des Prinzen Louis Ferdinand , den Heinrich zu ſeinem Erben auserſehen, brachte Abwechslung in das immer einförmiger werdende Leben. Bis 1786 war der Aufenthalt des Prinzen Heinrich freilich noch vielfach unterbrochen: diplomatiſche Sendungen, wie die berühmte Reiſe nach Petersburg 1774, nahmen ihn in Anſpruch. Erſt nach dem Tode des Großen Königs gehörte er ganz demſtillen Schloß am Boberow⸗Wald an, da ſich ſeine Abneigung gegen das zu Berlin herrſchende Syſtem immer mehr befeſtigte. Auf einer der zwei Rheinsberger Kirchenglocken von 1780 leſen wir die Namen der Kavaliere des Prinzen, Major de Kaphengſt, Baron Frederic und Louis de Wreich(Wreech), Baron de Kniphauſen, Baron de Kneſebeck, de Tauentzien, und aus den letztwilligen Verfügungen(dernieres dispositions) des Prinzen von 1802 erhellt, daß damals Hofmarſchall Graf Roeder, Adjutant Graf la Roche⸗Aymon , Kammerrat Mr. Lebeauld und Baurat Steinert ſeine engere Umgebung bildeten. Zu einem Volksfeſte geſtaltete ſich die Enthüllung des Obelisken am 4. Juli 1791. Der Prinz ſelbſt hielt die Einweihungsrede und antwortete auf die von ihm ſelbſt geſtellte Frage:Warum aber vermißt man Friedrich unter der Zahl dieſer berühmten Namen?Die von dieſem König ſelbſt aufgeſetzte Geſchichte ſeines Lebens, die Lobſchriften auf ihn nach ſeinem Tode, ließen mir nichts zu ſagen übrig. Da Prinz Heinrich für die Landwirtſchaft keine Neigung hatte, gab er die Güter in Erb­pacht, zum Teil verſchenkte er ſie auch, z. B. Köpernitz an den Grafen de la Roche⸗Aymon.

Prinz Heinrich ſtarb am 3. Auguſt 1802. Mit ſeinem Tode ging die große Zeit der Stadt zu Ende. Die geſamte Herrſchaft kam an den jüngſten Bruder Friedrichs des Großen, den Herrenmeiſter des Johanniterordens, Prinzen Ferdinand. Nachdem er im hohen Alter im Frühjahr 1813 geſtorben war, erbte ſein Sohn Prinz Auguſt den ganzen Beſitz mit Vorwerken, Forſten und Seen. Damals wurde ein großer Teil der Möbel und Gemälde(von Graff u. a. verkauft und zwar zu unglaublich ge­ringen Preiſen. Prinz Auguſt, der ſich nur vorübergehend im Schloß aufgehalten hatte, ſtarb 1844, ohne rechtmäßige Erben zu hinterlaſſen, ſo daß die Herrſchaft, den Beſtimmungen Friedrichs des Großen entſprechend, an die Krone zurückfiel,als ein ewiges beſtändiges Fideikommiß des Königlich Chur - und Fürſtlichen Hauſes. Während zur Zeit des Prinzen Heinrich vielfach Teile der Herrſchaft veräußert worden waren, begann man nunmehr mit Rückkäufen; ſo wurde beiſpielsweiſe 1888 Köpernitz für 560000 Mark zurückerworben. Die Herrſchaft Rheinsberg , einſchließlich der Rittergüter Wittwin und Köpernitz, hat heute einen Umfang von rund 4325 ha, davon entfällt etwa die Hälfte auf Wald und rund 850 ha auf Waſſer; die 1000 ha Acker ſind verpachtet. Das Beſtreben der Hofkammer geht dahin, Schloß und Gärten in dem friderizianiſchen Zuſtand zu erhalten oder ſie wieder in ihn zu verſetzen, und zwar ſowohl äußerlich wie auch nach und nach in den inneren Räumen.

Die Stadt hat von 1802 an ein durch keine bedeutenden Vorfälle unter­brochenes Stilleben geführt. Vom Zauber geſchichtlicher Erinnerungen umfloſſen, gewann ſie immer größere Anziehungskraft für die Bewunderer der friderizianiſchen

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