Am 29. Februar 1732 wurde Kronprinz Friedrich zum Oberſten eines InfanterieRegiments ernannt, deſſen beide Bataillone nach Neuruppin und Nauen kamen. Nachdem aus zwei einfachen miteinander verbundenen Fachwerkhäuſern eine Dienſtwohnung für ihn hergerichtet war, ſiedelte er Ende Juni nach Neuruppin über, wo der König vorſorglich die noch nicht abgeputzten Häuſer hatte abputzen laſſen. Die Briefe an ſeine Schweſter Wilhelmine zeigen, wie dem Prinzen das ſtille Leben behagte. „Man erfreut ſich einer Ruhe,“ erklärte er,„die man bei Hofe nicht kennt; das iſt der Grund, weshalb mir meine Einſamkeit ſo reizvoll erſcheint und weshalb ich an dem Leben in einer kleinen Stadt Gefallen finde.“
Aus dem Briefwechſel des Kronprinzen mit ſeinem
Vater erhellt, wie vielſeitig und angeſpannt ſeine
Tätigkeit war. Seine Hauptſorge galt, verſtändlich
genug, dem Regiment, und oft genug kehrte in
den Briefen der Satz wieder:„Bei dem Regiment
ſteht Gottlob alles gut.“ Unvergängliche Verdienſte
um die Stadt erwarb er ſich dadurch, daß er die
Abtragung der Wälle verhinderte und ihre Be
pflanzung mit Eichen, Buchen und Rüſtern erwirkte.
Auch nach der Überſiedlung des Hofhalts nach 8
Rheinsberg bewahrte er Neuruppin die Treue. Am Abb. 259. Gildeſiegel äs. Jahrh. 22. Juni 1737 ſchrieb er an Suhm:„Den 25.(Städt. Muſeum in Nauen ).
gehe ich nach Amalthea, meinem lieben Garten in umſchrift: Guldesiegel Material
Ruppin. Ich brenne vor Ungeduld, meinen Wein, Neu Ruppin.
meine Kirſchen, meine Melonen wiederzuſehn.“
Vom November 1755 an kommandierte der jüngſte Bruder des Königs, Prinz Ferdinand, das Regiment und nahm mit feiner Gemahlin, einer Tochter des Mark; grafen von Schwedt , hier Aufenthalt. Aus der Schilderung des Grafen Lehndorff geht hervor, wie der Prinz vier mehrſtöckige Bürgerhäuſer miteinander verbunden hatte. Die Lebensführung an dem kleinen Hof war behaglich, und beſonderen Genuß boten die Spaziergänge auf dem ſich dreifach abſtufenden Walle,„der ſo dicht mit Bäumen bedeckt iſt, daß hier auch bei der größten Hitze eine angenehme Kühle herrſcht“.
Das Verhältnis von Militär zu Zivil war in der Zeit vor 1806 wie 1 zu 2, fo daß etwa 4500 Zivileinwohnern nahezu 2500 Soldaten und deren Familienangehörige gegenüberſtanden. Das war gewiſſermaßen ein Glück für die Stadt; denn eine Hauptwurzel ihres bürgerlichen Wohlſtands begann damals abzuſterben. Seit dem 15. Jahrhundert war nämlich die„Braunahrung“, da 51 Landkrüge zu„verlegen“ waren, von beſonderer Bedeutung. Noch um 1750 wurden in Berlin alljährlich gegen 20000 Tonnen Ruppiner Bieres eingeführt, doch ſchon damals ging die Brauerei mehr und mehr zurück. Einen Erſatz fand die Stadt in der Tuchmacherei, da das Tuchmachergewerbe, 145 Mitglieder umfaſſend, guten Verdienſt durch die Lieferung von Montierungstüchern für die Armee hatte.