Geſchichtliche Einleitung. XL VII
ſeinen Tagebüchern die feine Bildung der franzöſiſchen Offiziere,) die freilich nicht verhindern konnten, daß die innere Einrichtung der Nikolaikirche, wo man Kranke und Gefangene untergebracht hatte, zerſtört wurde. Wie hart die Kontributionen drückten, davon wiſſen die Nachrichten in dem Knopfe des Katharinenturms zu berichten.) Nicht weniger als 460 000 Mann waren in der Zeit vom Oktober 1806 bis Dezember 1808 zu verpflegen.
Mit der Einführung der Städteordnung beginnt ein neuer Abſchnitt in der Geſchichte der Stadt, wichtiger noch für Brandenburg als manche andere märkiſche Stadt, weil in der Hardenbergſchen Epoche ebenſo wie für den Johanniterorden und das Havelberger Kapitel, ſo auch für das Domkapitel im Oktober 1810 die Aufhebung verfügt wurde, weil ferner auch der alte Schöppenſtuhl einging, die erſt 1787 hierher verlegte Akziſe⸗ und Zolldirektion nach Potsdam überſiedelte und die Garniſon, wenigſtens vorläufig, ihre Quartiere verließ. Bis zum Jahre 1808 war die Polizei ebenſo wie die Juſtiz mit der Verwaltung verbunden. Infolge der Städteordnung von 1808 wurde eine ſtaatliche Gerichtsbehörde, die im Altſtädter Rathaus Unterkunft fand, und auch eine beſondere Polizeiverwaltung eingerichtet; doch da deren Koſten, über 4000 Taler jährlich, für die Stadt, die nur 10078 Einwohner, aber nahezu 200000 Taler Schulden hatte, unerſchwinglich waren,?) ſchlug man Brandenburg mit dem ſeit 1810 vorübergehend eingemeindeten Dombezirke zu dem neugebildeten Weſthavelländiſchen Kreiſe und über— trug nunmehr dem Magiſtrate die Polizei unter der Aufſicht des Landrats. 1839 wurde die Stadt in Kommunal⸗ und Polizeiſachen unmittelbar der Potsdamer Regierung unter: ſtellt. Das vollſtändige Ausſcheiden aus dem Kreiſe Weſthavelland und die Bildung eines eigenen Stadtkreiſes erfolgte erſt im Jahre 1881, nachdem Brandenburg die Zahl von 25000 Einwohnern weit überſchritten hatte.
Inzwiſchen war ſchon 1826 das Domkapitel vom König wieder neu errichtet worden, wobei der Herrſcher hauptſächlich Rückſicht auf ſeine geſchichtliche Bedeutung und auf die Möglichkeit nahm, die ſich ihm hierdurch bot, verdienten Männern beſondere Benefizien zuteil werden zu laſſen; ſpäter wies der Kultusminiſter Falk das Abgeordnetenhaus, das die Auflöſung des Kapitels anregte, auf dieſe Beweggründe hin. Die zwölf Kapitulare ſind in drei Klaſſen eingeteilt, deren jede aus einem geiſtlichen und drei weltlichen Mitgliedern zuſammengeſetzt ſein ſoll. Die Trennung des Doms von der Stadt in polizeilicher Hinſicht erfolgte 1827, und ſeitdem iſt der Dom, im Gegenſatze zu dem 1875 eingemeindeten Dombezirke Havelberg , ein befonz derer Gutsbezirk nebſt Landgemeinde geblieben. Das Domkapitel iſt Beſitzer der Güter Mötzow mit 805, Grabow mit 599, Kieck mit 421, Lünow mit 195 ha, ferner der Forſtgüter Seelensdorf und Gapel mit 1360 ha. Patronatsrechte hat es in
) Vgl. Brandenb. Anz, 1810, St. 38f.; ferner Kehr in der Feſtſchrift der Ritterakademie 1905, S. 16.
) Vgl. Tſchirch, Bilder, S. 143.
) Mayer, 29.— 30. Jahresber. des Hiſt. Vereins zu B., S. 101.
) Vgl. das Statut vom 30. November 1826 bei Rönne⸗-Zorn, Staatsrecht der preuß. Monarchie Il, 381; vgl. den Bistümer und Klöſter behandelnden Band in Siebmachers Wappenbuch , 1885.