Wie der Dreiapſidentypus der Baſilika offenbar unter dem Einfluſſe der Kreuzzüge im Abendlande neue Aufnahme gefunden hatte, ſo wurden in jener bewegten, ſich lebensfreudig aufſchwingenden Zeit auch allerlei formale Erinnerungen an orientaliſche Bauwerke, wie die Hufeiſenform, der Zackenſaum an Bögen und andere hier und dort haften gebliebene Tändelformen, angeſpült und die heimiſchen Bauwerke zuweilen in kindlichem Spieltrieb damit aufgeputzt. Die ü bergangszeit, welche beſonders ſtark dazu neigte, verhalf auch Brandenburg zu dergleichen fremdem Zierat. So erklären ſich an zwei der nördlichen Arkadenbögen von St. Nikolai (Abb. 54) die Rundbogenzacken, die vermutlich das Wohlgefallen an der damals im Bau befindlichen Weſtfront des Halberſtädter Domes eingegeben hat. Ebenſo ver: hält es ſich wohl mit der merkwürdigen Hufeiſenform der Seitenapſiden, welche Schierer(38.— 40. Jahresbericht d. Hiſt. Ver. zu B., S. 42) auch an den Apſiden von zwei Kirchen des Fläming, nämlich zu Lüſſe bei Belzig und zu Lotzſchke bei Raben, feſtſtellte. Sie findet ſich gleichfalls an der Kloſterkirche zu Mühlberg a. d. Elbe , der Kirche von Simmersfeld bei Nagold und der reichgeſchmückten Walderichskapelle zu Murrhardt in Schwaben . So laſſen auch endlich die äußeren Abſätze der Konchenmauer, welche Stiehl(Backſteinbau romaniſcher Zeit S. 72) in ähnlicher Weiſe an der Frauenberger Kirche zu Nordhauſen feſtſtellte, kaum auf einen unmittelbaren Zuſammenhang mit dieſer Kirche ſchließen.
Im Aufbau des Langhauſes beginnt nun aber der Spitzbogen bereits feinen Siegeszug und deutet damit auf einen Fortſchritt, der inzwiſchen wohl auch anderwärts in der Stadt eingeſetzt hatte, vor allem an einem Bauwerke, das einen gewaltigen Schritt im Entwicklungsgange der Brandenburger Kunſt bedeutet: der Marienkirche auf dem Harlunger Berge.
In Plan und Anlage gänzlich abweichend von den älteſten Kirchen in der Stadt, erhob ſich in den erſten Jahrzehnten des 13. Jahrhunderts die Wallfahrtskirche auf dem Marienberge(Abb. 83). Zumal der kaum vollendeten Nikolaikirche gegenüber bietet die der Schutzpatronin des Prämonſtratenſerordens geweihte Bergkirche den denkbar größten Gegenſatz. Die Kreuzform, welche wir dort vermiſſen, tritt hier in entſchiedenſter Form als griechiſches Kreuz auf, der(urſprünglich) ganz turmloſen, äußerſt ſchlichten Geſtaltung des Langhausbaus ſtellt ſich der lebendig gruppierte Zentralbau mit ſeinem für den mäßigen Umfang unerhörten Turmreichtum gegenüber. Hier zum erſten Male in der Mark finden wir den ganzen Innenraum überwölbt.
An orientaliſche Kreuzkirchen erinnernd, iſt der Grundriß doch aus den leitenden Gedanken der damaligen abendländiſchen Kunſt entwickelt. Die Form des griechiſchen Kreuzes verbindet er mit dem Konchenabſchluß der Kreuzflügel.
Die Gründe, welche hier gegen die Errichtung einer Langhauskirche beſtimmend wurden, lagen keineswegs in der Raumbeſchränkung auf der Bergeskuppe, ſondern im Programm der Wallfahrtskirche. Auch eine unmittelbare Nachahmung orientaliſcher Zentralbauten hat wenig Wahrſcheinlichkeit. Die zentrale Anlage, deren Anwendung bei anderen Kirchenarten meiſt die Trennung der Geiſtlichkeit von der Laienſchaft