Teil eines Werkes 
Bd. 2, Teil 3 (1912) Die Kunstdenkmäler von Stadt und Dom Brandenburg / unter der Schriftl. des Theodor Goecke bearb. von Paul Eichholz. Mit Einl. von Willy Spatz und Friedrich Solger
Entstehung
Seite
LXXXII
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LXXXII Stadt und Dom Brandenburg .

erſten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Hier verſchwindet das architektoniſche Element, das in der Spätgotik durch das Baldachinwerk ziemlich aufdringlich hervortrat, bald ganz; dafür ſchießt bis etwa zur Mitte des 18. Jahrhunderts das Heraldiſche etwas ſtark ins Kraut. Die Figur des Verſtorbenen ſteht ohne jede Andeutung einer horizontalen Lage vor einer flachen Niſche, jede Starrheit iſt aus ihr gewichen und dafür eine freie ungezwungene Haltung gewählt, meiſt mit leichter ſeitlicher Wendung des Hauptes. Die Grabinſchrift hält ſich noch immer am Rande.

Gegen Ende des Jahrhunderts ſehen wir in dem ſchönen Epitaph der Frau von Barfus(Tafel 57) die edelſte kraftvolle Plaſtik ſich mit vornehm zurückhaltendem Materialwechſel zu einer ganz neuartigen Kompoſitionsweiſe verbinden. Nichts bleibt hier mehr von dem einſtigen Etagenbau der Epitaphien mit den zahlreichen Säulen und Gebälken. Die Vereinigung der Grundgedanken von Epitaph und Grabſtein führt wieder zur Grundform der Tafel, gibt das Andachtsbild und damit das eigentlich Chriſtlich-Religiöſe auf und der Geſtalt des Toten wieder die ihr zu: kommende Bedeutung. Von der Architektur bleiben nur die feſten Linien der Tafel­kanten und ein Verdachungsgeſims; alles beherrſcht eine edle wuchtige Plaſtik, deren wenige wohlerwogene Motive eine neue Richtung der Epitaphkunſt begründen. An Stelle des Religiöſen ſchleicht ſich das Weltlich⸗Mythologiſche mit feiner Vorliebe für das Nackte auch in die Denkmalkunſt ein.

Beſchränkte ſich dieſe dem Einfluſſe der Antike zuzuſchreibende Vorliebe zunächſt nur auf Putten größeren Maßſtabes und üppiger Bildung, ſo ſehen wir ein Viertel Jahrhundert ſpäter bei dem Schlabrendorffſchen Grabdenkmale ſchon Kronos in ihrer Geſellſchaft. Die beiden Figuren der Verſtorbenen, welche aus der Mitte der Kompoſition entfernt und ſeitlich faſt wie Hüter der Gruft neben deren Tür geſtellt ſind, bezeichnen durch dieſe für die Verewigten wenig angemeſſene Aufſtellung deutlich die Hohlheit der rein äußerlich dekorativen Abſichten. Immerhin zeigt ſich in dieſen Arbeiten, wie auch in den wenigen tüchtigen Werken der Friedhofdenkmäler eine durch zahlreiche Vorbilder und lange Schulung erworbene Gewandtheit im wirkungsvollen Aufbau und Beherrſchung der gebräuchlichen Formen, zumal des Nackten. Eine Art routinierter Mache ohne geſunden Gedanken und ohne echte Empfindung finden wir leider unter den ſpäteren Denkmälern, an denen beſonders die Katharinenkirche reich iſt, häufig. Fade Allegorien, lange phraſenhafte Inſchriften oder gar billiges Verſegeklapper, welche ihnen eigen ſind, können dieſen Mangel nicht erſetzen. Zum Anſehnlichſten in Maßſtab und Ausführung gehört das Heinſeſche Grabmal von 1745(Abb. 46), zugleich typiſch für die die Obeliskenform nach allen Richtungen ausbeutenden Entwürfe dieſer Klaſſe.

Eine Dom⸗Brandenburg eigentümliche Gattung bilden die aus einzelnen größeren gebrannten Tonſtücken oder ſogar ſolchen in gewöhnlichem Backſteinformat zuſammen­geſetzten Grabſteine. Auch ſie umgibt am Rande die Grabſchrift; das mittlere Feld enthält meiſt ornamentale Motive in vertieften Umriſſen(Abb. in Bergau Fig. 63, und Grabſtein der Frau Winkelmaß in der Peterskapelle Abb. 255), doch kommt vereinzelt auch eine annähernd lebensgroße Relieffigur vor. Dieſe Denkmäler ſind