Teil eines Werkes 
Bd. 2, Teil 3 (1912) Die Kunstdenkmäler von Stadt und Dom Brandenburg / unter der Schriftl. des Theodor Goecke bearb. von Paul Eichholz. Mit Einl. von Willy Spatz und Friedrich Solger
Entstehung
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Aunſtgeſchichtliche Aberſicht. LIXXXIII

daher weſentlich anderer Art als die aus Schachbrettmuſtern gebildeten Grabplatten von Ziegeln in der ehemaligen Ziſterzienſerkirche zu Doberan , welche mit den Brandenburgiſchen wenig mehr als das Material gemein haben.

Die figürliche Holzplaſtik des Mittelalters iſt in Brandenburg zunächſt durch mehrere Triumphkreuzgruppen im Dom, St. Gotthardt und St. Nikolai vertreten. Von monumentaler Wirkung bei geradezu altertümlicher Strenge iſt der Kruzifixus von 1375 hinter dem Hauptaltar des Domes(Taf. 55), höchſt eindrucksvoll ſind auch die ihn begleitenden Figuren der Maria und des Johannes ebenda, trotz ungünſtig wirkender neuer Bemalung.

Zwei fein individualiſierte Köpfe des Petrus und Paulus im Antiquarium des Domes(Taf. 49) waren einſt vergoldet und dienten als Reliquienbehälter. Unter den gotiſchen Einzelfiguren ſpricht beſonders die anmutreiche Madonna mit dem Kinde (Abb. 68) im Paulikloſter an.

Am vorzüglichſten iſt die Holzplaſtik in einer anſehnlichen Reihe von Schnitz­altären vertreten, die mit dem früheren Hauptaltare von 1375 beginnen und ſich in mannigfachen Geſtaltungen bis gegen die Renaiſſance hin ausbreiten.

Der frühere Hauptaltar des Domes, deſſen eigentümlicher Aufbau erläutert wurde, iſt nicht minder bemerkenswert wegen ſeiner böhmiſchen Herkunft, welche Wernicke bereits früher nachgewieſen hat. Gerade die geſchnitzten Figuren in den Schreinen, welche von größerem Maßſtabe ſind als die der Flügel, erſcheinen ge­eignet, die Annahme Wernickes zu unterſtützen. Die Köpfe der Hauptgruppe, der Marienkrönung, bekunden einen ſonſt hier ungewöhnlichen Typ. Zwar ſind die Ver­hältniſſe vom Kopf zum Körper beſſer getroffen als oft in ſpäterer Zeit, aber die Köpfe ſind z. T. merkwürdig lang, beſonders die der Propheten neben dem Throne Chriſti zeichnen ſich durch hohe gerunzelte Stirn, lange Wangen, Naſen und Bärte aus. Die Augen ſind ſchreckhaft weit geöffnet, der Geſichtsausdruck zeugt von verhaltener Erregung und innerem Temperament, auch bei den Nebenfiguren, die doch dem Vorgange abgewendet ſind und vorwärts gerichtet ſtehen. Der Faltenwurf der durchweg unverzierten Gewänder iſt reich, nicht eben großzügig, aber flüſſig und ohne die Manier der feinen Knitterfalten. Zwar ſtimmt dieſe Charakteriſtik der Geſtalten nur z. T. mit der überein, welche uns von den Werken der böhmiſchen Malerſchule gegeben wird; dennoch iſt kaum zu zweifeln, daß auch dieſe plaſtiſchen Figuren dem böhmiſchen Kunſtzentrum in Prag entſtammen.

Die Mehrzahl der ſpäteren Schnitzaltäre enthält vorherrſchend kleine puppen­hafte Figürchen, meiſt als einzelne Standfiguren, doch auch zu figurenreichen, bewegten Szenen zuſammengeſchart. Jene finden ſich hauptſächlich im Dome, dieſe, beſonders bezeichnend, am Wegerſchen Altar der Katharinenkirche von 1474(Tafel 17), in ſeiner Predella und den Flügeln. Hier liegt das Hauptgewicht auf der ſachlichen Deutlichkeit des Dargeſtellten. Der erzählende Vortrag der Geſchehniſſe führt zu naturaliſtiſch behandelten Hintergründen; Koſtüm, Rüſtungen und alles Beiwerk iſt trotz des kleinen Maßſtabes mit Treue behandelt. In der Formgebung der Architektur, wie bei den Gewändern der fünf größeren Standfiguren herrſcht die vr"