Manier. Steife, blitzartig hin und her zuckende dünne Röhrenfalten umſpinnen die Leiber. Von den Geſichtern ſprechen am wenigſten die weiblichen an, welche die in der Mitte zuſammengedrängten Sinnesorgane mit breiten formloſen Fleiſchflächen umrahmt zeigen. Die Seitenausbiegung der Körper, ſonſt das Hauptkennzeichen manirierter gotiſcher Figuren, erſcheint hier bei der Enge des Raumes unwahrſcheinlich. vielmehr hat ſich etwas von dem ſtraffen Zuge der Architektur den Figuren und ihren Gewändern mitgeteilt. Das architektoniſche Kriſtalliſationsgeſetz beherrſcht den ganzen Inhalt des vollgepfropften Schreines.
Bei dem meiſt als zugehörig zu dieſem Altar betrachteten Aufſatze(Abb. 37) iſt dies Geſetz ein anderes und ſchon dadurch die Zuſammengehörigkeit unwahrſcheinlich.
Von erheblich vornehmerer Art und feinerem Charakter ſind die drei leider ſtark beſchädigten Figuren des Hedwigaltars(Tafel 18).
Das künſtleriſch Vollendetſte an Standfiguren enthält der Schrein des jetzigen Hauptaltars der Domkirche, welcher 1518 für Kloſter Lehnin angefertigt wurde. Dieſes Lob gilt namentlich den prächtigen Köpfen der beiden Apoſtelfürſten, die voll lebenſprühenden, ſprechenden Ausdrucks ſind. Petrus von gewinnender Güte, Paulus mit heiligem Ernſt in dem ſchönen Greiſenantlitz, beide weit überlegen dem etwas ſtumpfen breiten Geſicht der Maria. Auch hier fehlt den Gewändern der natürliche Fluß der Falten, von denen ganze Partien an künſtlichem Geknitter leiden. Virtuos, aber auch mit den Zeichen der Entartung, iſt die Architektur der Baldachine behandelt. Ganz leiſe ſchleichen ſich an ihren Stützen bereits einige ſchüchterne Zieraten der Frührenaiſſance ein. Sie iſt es, deren Atem man auch in den Köpfen ſchon ſpürt, die über das Angeſicht des Petrus die lächelnde Verklärung gießt.
Aus jedem der hier geſchilderten Werke ſpricht ein anderer Geiſt, weder eine innere noch äußere Verwandtſchaft läßt auf Schulzuſammenhänge oder gar die gleiche Werkſtatt ſchließen. Ihre Unterſchiede bedeuten keine Fortentwicklung, ſondern nur verſchiedene Auffaſſungen, verſchiedene Grade des künſtleriſchen Vermögens.
Die ornamentale Holzplaſtik, von Urzeiten her wohl die volkstümlichſte aller Künſte, iſt im mittelalterlichen Brandenburg an Fachwerkhäuſern gar nicht mehr vertreten. Abgeſehen von mehreren archäologiſch wichtigen verzierten Chorſtühlen im Dom, in St. Pauli und St. Katharinen, ſowie von den Möbeln der Domſakriſtei ſind es erſt die reichen gotiſchen Schnitzaltäre, welche dieſe Kunſt noch in gotiſcher Zeit in die Ausſtattungs- und Dekorationsgegenſtände der Kirchen einführen und ſchnell zu reicher Blüte bringen. Mit dem Eintritt der Renaiſſance erſchließen ſich ihr dann neue Felder für eine glänzende Betätigung an den Kanzeln und Orgelproſpekten, von denen auch Brandenburg prächtige Stücke aufzuweiſen hat, geradezu meiſterhafte in der Kanzel von St. Gotthardt (Taf. 5 u. 6) und dem Orgelproſpekt in der Katharinenkirche(Taf. 19 u. Abb. 38). In Verbindung mit der damals beſonders hoch ſtehenden Schreinerarbeit liefert die Holzſchnitzerei ſchließlich den Aufbau und das Rahmenwerk der zahlreichen hölzernen Epitaphien, die beſonders in der Altſtadt bevorzugt wurden.
Der Metallplaſtik begegnen wir an einer Reihe von Ausſtattungsgegenſtänden der Kirchen, teils als Guß an Glocken, Taufen, Kronleuchtern, Leuchtern, Monſtranzen,