Teil eines Werkes 
Bd. 2, Teil 3 (1912) Die Kunstdenkmäler von Stadt und Dom Brandenburg / unter der Schriftl. des Theodor Goecke bearb. von Paul Eichholz. Mit Einl. von Willy Spatz und Friedrich Solger
Entstehung
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LXXXVIII
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LXXXVIILL Stadt und Dom Brandenburg .

Vortrag, die etwas kleinliche Malweiſe und ſpitze Pinſelführung geſtatten, einige dieſer Tafeln noch in die erſte Hälfte des 15. Jahrhunderts zu ſetzen.

Doch ſchon 1474 belebt ſich an den äußeren Flügeln des Wegerſchen Altars der Katharinenkirche der Hintergrund; eine reiche landſchaftliche Ferne mit burgen gekrönten Hügeln und befeſtigten Städten in den Tälern tut ſich auf und rundet die dargeſtellten Vorgänge zum Bilde ab. Dieſe ſpielen nur im nächſten Vorder grunde. Die menſchliche Figur wird daher noch nicht von der perſpektiviſchen Wirkung betroffen.

Während die Figuren der Schnitz­altäre im allgemeinen noch lange an der ſtrengen vorwärts gerichteten Stellung feſt

halten, wenden ſich die der gemalten Tafeln in gefälliger Drehung ſeitwärts, ja werden mit Vorliebe zu zweien zuſammen­

Abb. XXXIX. Wandmalerei in der geſtellt und, wie zum Ausdruck innerer Be­

Katharinenkirche

iehungen, einander zugewendet. (nach einer Aufnahme des Architekten Blaue). 3 hingen, zug

Derart ſind auch die ſchönen inneren Flügelgemälde des Lehniner Altares im Dom von 1518. Der Realismus der Darſtellung erſtreckt ſich nur auf die kräftig modellierten Figuren und den Fußboden aus Marmorplatten. Der Hintergrund verharrt in althergebrachtem Goldtone mit zarter Reliefierung. Von den Köpfen ſind namentlich die weiblichen recht gut gelungen und bekunden einen Wandel im Ideal der weiblichen Schönheit; doch iſt die Stirn der heiligen Urſula immer noch ſehr hoch. Die weiten Mäntel ſchlagen wenige große und ruhige Falten. In den Händen iſt ein Streben nach zierlicher Stellung der Finger bemerkbar. Die in der Farbe weniger wirkungsvollen Bilder der Rückſeiten mit blauem, himmelartig wirkendem Hintergrunde weiſen außerdem an Landſchaftlichem nur noch den zierlich mit Gräſern und Blumen geſchmückten Boden auf.

Auf dem Gebiete der Altäre ſchafft weder die Reformation noch die bald nach ihrem Siege eintretende neue Stilrichtung der Renaiſſance ſofort einen neuen Typus. Das zeigt der einſtige Hauptaltar der Gotthardtkirche, der, 1559 errichtet, im weſentlichen noch die Grundform des bis dahin allgemein herrſchenden Flügelaltars beibehält. Die Malerei, welcher hier faſt allein die Ausſchmückung zufiel, bedurfte freilich des Schreines ebenſowenig wie der proteſtantiſche Altar Räume für Reliquien­