Teil eines Werkes 
Bd. 2, Teil 3 (1912) Die Kunstdenkmäler von Stadt und Dom Brandenburg / unter der Schriftl. des Theodor Goecke bearb. von Paul Eichholz. Mit Einl. von Willy Spatz und Friedrich Solger
Entstehung
Seite
C
Einzelbild herunterladen

St. Gotthardt.

Altſtadt und Kietz.

C; Stadt und Dom Brandenburg .

mit ſich zu den idealeren Anſchauungen des Chriſtentums zu erheben, begann der Wendenfürſt Pribislaw nahe am Wege zum Harlunger Berge und außerhalb des alten Dorfes die erſte chriſtliche Kirche, deren Reſte wir noch im Weftban von St. Gotthardt erblicken.

Die Lage außerhalb des Dorfes ſowohl wie die ſtattliche Größe der urſprüng lichen Feldſteinkirche bezeugen, daß ſie nicht als Dorfkirche gedacht war, daß vielmehr ſchon um die Mitte des 12. Jahrhunderts von ihr aus ſüdwärts neben dem Wenden dorfe eine Siedelung begonnen hatte, die eine ſo bedeutende Kirche benötigte. Zur Seelſorge in der neuen Gemeinde war ein Prämonſtratenſer -Konvent berufen, der den Bau der Kirche fortſetzte und nicht nur des geiſtlichen Amtes darin waltete, ſondern bei ihr auch feinen Sitz hatte, bis die Konventgebäude des auf der Burg inſel neu zu begründenden Domſtiftes zu feiner Aufnahme bereit waren. Höchſt wahrſcheinlich iſt das ehemalige Wohnhaus der Brüder bei St. Gotthardt gemeint, wenn 1179 und noch 1209 in den Urkunden von einer curia achacente bei dieſer . gehandelt wird. Sie ſtand vermutlich annähernd an der Stelle, wo im

Jahrhundert Biſchof Stechow ſeinen Wohnſitz errichtete, alſo auf der Nordſeite 3 Kirche.

Sollte wirklich einmal die Wage geſchwankt haben, welchem von beiden Orten, die am Südende des Beetzſees einander gegenüber lagen, die Ehre des Domkapitel ſitzes und religiöſen Mittelpunktes zufallen ſollte, fo war mit der Überſiedlung der Prämonſtratenſer nach der Burginſel das Schickſal Parduins endgültig zu ſeinen

Gunſten entſchieden, ja die erſte Grundlage zu materiellem Gedeihen und zur ungehinderten

Entfaltung eines freien Gemeinweſens gegeben. Nur in rein kirchlicher Beziehung verblieb es fortan noch unter dem Domſtifte, durch deſſen Niederlaſſung auf der Burginſel dieſe ihre frühere weltliche Bedeutung vollſtändig verlor.

Der altgewohnte Name Parduin ging zunächſt auch auf die neue fleckenartige Siedelung bei St. Gotthardt über(vergl. Rietſchel, Markt und Stadt, S. 125) und wurde erſt allmählich durch den derAltſtadt verdrängt, ſeitdem ſüdlich von der Dominſel eine neue bedeutende Anſiedlung entſtanden war. Vermutlich ſchon i. J. 1170 bei Erteilung der Zollfreiheit beſaß die Altſtadt einen Markt und genoß ſtädtiſches Anſehen ſowie die Anwartſchaft auf eine Hauptſtadt des Markgrafen. So begünſtigt, überflügelte ſie bald das alte Wendendorf, ja ſchloß es bei Anlage ſeiner Umwallung aus und drückte es zu feiner Vorſtadt, dem Wendkietze herab. Aus deſſen Feldern bildete man wohl die 1275 urkundlich genanntenalten Hufen der Altſtadt. Wäh­rend dieſer ſchon 1280 der Wortzins erlaſſen wurde, verblieb der Kietz bis zum Jahre 1308 im Beſitze des Markgrafen und ſtets außerhalb der altſtädtiſchen Befeſtigung, die ihn durch Mauer und Graben auch von St. Gotthardt trennte(ſiehe den Hede­mannſchen Stadtplan von 1716, Taf. 35). Das Parduiner Tor(1238: porta quae ducit versus Parduin, Riedel VIII, 153), welches P. J. Meier Jahres ber. des Hiſt. Ver. zu B., 1908, S. 49) an den Schnittpunkt von Markt und Bäckerſtraße ver­legt, lag nicht in der Altſtadt, ſondern auf der.(ſiehe Seite Cl und 323). Als Vorſtadt der Altſtadt wird der Wendkietz bereits i. J. 1204 charakteriſiert, inſofern