Teil eines Werkes 
Bd. 2, Teil 3 (1912) Die Kunstdenkmäler von Stadt und Dom Brandenburg / unter der Schriftl. des Theodor Goecke bearb. von Paul Eichholz. Mit Einl. von Willy Spatz und Friedrich Solger
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100 Stadt Brandenburg .

Gratſtab unter flachen Kehlen gebildet. Gurtbögen wie auch der Triumphbogen fehlen. Die allgemeine Querſchnittform des Gewölbes iſt breit und nähert ſich einem gedrückten Halbkreis(Taf. 27). Die runden Schlußſteine ſind klein und völlig ſchmucklos. An der Südwand des Chorhauptes ſeitwärts vom Altar iſt eine im hohen profilierten Spitzbogen geſchloſſene Niſche für einen Miniſtrantenſtuhl(Abb. 62) ausgeſpart. Der kieferne pfettenloſe Dachſtuhl(Taf. 27) iſt noch der urſprungliche. Die Reſte eines achteckigen Dachreiters, der 8,5 m vom Weſtende für das einzige den Dominikanern geſtattete Glöcklein errichtet worden iſt, deuten darauf hin, daß der Chor anfänglich allein beſtand. Noch andere Beweiſe hierfür werden ſich aus der Fortſetzung des Baues ergeben.

Zweite Bauzeit. An den Chor ſchloß man anſcheinend ſehr bald den Anfang des Langhauſes bis etwa zur Mitte des zweiten Joches von Oſten. Die Kürze dieſes Ab ſchnittes von nur einem und einem Bruchteil eines Joches iſt wohl nur durch Hinderniſſe äußerer Art zu erklären, die dem Bau in Geſtalt anderer Baulichkeiten entgegenſtanden. Die Annahme, daß der Grund dafür in Beſitzverhältniſſen gelegen habe, würde darin eine Unterſtüͤtzung finden, daß die hier quer durch die Kirche ſchneidende Grenze ſich ſogar auch an der gegenüberliegenden Stelle des Südflügels der Kloſtergebäude bemerkbar macht(Taf. 25). Durch dieſen kurzen Vorſtoß der Bautätigkeit gegen Weſten wurden die Raumverhältniſſe des Langhauſes in Breiten und Höhen bereits völlig feſtgelegt. Für das Mittelſchiff behielt man die Abmeſſungen des Chores bei. Die Seitenſchiffe erhielten etwas geringere Höhe und nach dem bei den Dominikanern beſtehenden Herkommen auch nur geringe Breite. Das ſüdliche wurde noch ſchmaler angelegt als das nördliche, weil es wegen des hier anzubauenden Kreuzganges keine Strebe pfeiler erhalten konnte. Der öſtliche Schluß der Seitenſchiffe ergab ſich von ſelbſt als gerade, indem man die letzten Strebepfeiler des Chores tunlichſt für dieſe Oſt wände benutzte und nur ſo weit abbrach, als die dort anzubringenden zweiteiligen Fenſter es erforderten. Auch die hiervon erhaltene Anſatzſpur ſowie der regelmäßige Ver­band in der nördlichen Ecke zwiſchen Langhaus und Chor laſſen über die Entſtehungs­vorgänge und den Baubeginn am Chor gar keinen Zweifel. Dieſe Oſtfenſter wie auch die gleichzeitig zur Ausführung gekommenen erſten Fenſter der Langſeiten erhielten dieſelben profilierten Gewände und Maßwerk vom gleichen Charakter wie im Chore (Taf. 27, Schnitt). Der erſte Wanddienſt der Nordſeite zeigt ganz ver­einzelt einen Gratſtab ſtatt des Kreisprofils. Die Schiffspfeiler ſtellte man genau in die Flucht der Chorwände. Sie erhielten achteckige Grundform und niedrige, gänzlich ſchmuckloſe Kapitelle und wurden durch ſchlichte gefaſte Längsgurte miteinander ver: bunden. Ihre Baſen von attiſchem Profil zeigen wieder jene altertümelnde Strenge. Die Kappen ruhen auf profilierten Schildbögen; die ſonſtige Ausführung der Gewölbe ſchließt ſich der im Chore an. Man ſah damals wohl ſchon eine längere Unterbrechung des Baubetriebs voraus, und legte, da die Weſtſeite vermutlich eben wegen des Bauhinderniſſes unzugänglich war, an der Nordſeite des erſten Langhausjoches ein kleines Portal für die Laien an. Von den vorläufig frei endigenden Längsmauern war die nördliche durch den Strebepfeiler des erſten Joches hinreichend geſtützt. Auf der Südſeite wurde zu dieſem Zwecke an der entſprechenden Stelle eine flachere