Teil eines Werkes 
Bd. 2, Teil 3 (1912) Die Kunstdenkmäler von Stadt und Dom Brandenburg / unter der Schriftl. des Theodor Goecke bearb. von Paul Eichholz. Mit Einl. von Willy Spatz und Friedrich Solger
Entstehung
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Abb. 91. Abbildung des Neuftädter Rathauſes auf einer Schießſcheibe von 1818 im Neuſt. Schützenhauſe.

Rathaus der Neuſtadt.

Das jetzige Neuſtädter Rathaus, im Kern ein Bau des 14. Jahrh., ſteht in der Längs­richtung des Marktplatzes mit der ſchmalen Vorderfront gegen die Hauptſtraße gewendet

(Abb. 92). Daß fein Vorgänger, das 1297 durch das Schöppenbuch(Cod. 1 der Neuſtadt) bezeugte, pretorium* oderconsistorium den gleichen Standort hatte, iſt aus den Straßenzügen wohl zu vermuten, doch fehlt darüber jede archivaliſche Andeutung. Der gegenwärtige Bau beſteht aus einem langgeſtreckten rechteckigen Hauptteile und einem Anbau an ſeiner ſüdöſtlichen Langſeite am Markte. Fundamente, die i. J. 1895 an der Südweſtecke des Gebäudes an der Hauptſtraße aufgedeckt wurden, werden in den Jahresber. d. Hiſt. Ver. zu B. 1896, S. 96 auf einen Turm oder eine Vorhalle neben der Giebelfront gedeutet, gehörten indeſſen wohl eher einer Gerichtslaube an, die zwar nirgends erwähnt wird, trotzdem aber wohl beſtanden hat. Weſtlich neben dem Rat­hauſe, an der Stelle des Kämmereigebäudes ſtanden bis 1830 die Brotſcharren. Der Vorſprung der Seitenmauer des Gebäudes, die auf der Schießſcheibe von 1818(Abb. 91) dargeſtellt iſt und an der man gotiſche Blenden erkennt, vor die Flucht der Rat­hausfront war viel bedeutender als nach 1830, ſo daß es allerdings wohl in Über einſtimmung mit dem Grundmauerfunde ein Viertel der Straßenbreite eingenommen haben kann. Da an ein ſteinernes Brotſcharrengebäude für das frühe Mittelalter in B. nicht zu denken iſt, man aber andererſeits wohl nur mit einem ſtädtiſchen Bau wagen durfte, ſich dicht an das Rathaus zu lehnen und ſo weit vor ſeine Front zu ſpringen, ſo bleibt kaum ein anderer Gedanke als an eine Gerichtslaube übrig(vgl. die Lage der alten Berliner Gerichtslaube zum Hauptgebäude).

Von den verſchiedenen Zwecken, denen das Rathaus im Mittelalter gewidmet war, treten hauptſächlich infolge der meiſt ſpäten Berichte, auf denen unſere Kennt­